Der Ärger ist groß und richtet sich vor allem auch gegen falsche Berichterstattung der Presse – so jedenfalls die Ansicht einiger Demo-Teilnehmer. Doch stecken die Bauern hinter den Protesten? Der Verband findet jetzt klare Worte zu der Aktion in Erfurt.
MDR in Erfurt: Demo-Teilnehmer mit „Lügenpresse!“-Plakaten
Mehrere Hundert Menschen haben vor dem Landesfunkhaus des MDR in Erfurt demonstriert. Etwa 500 Teilnehmer waren nach Polizeischätzung zu einer Kundgebung um die Mittagszeit gekommen, die den Angaben zufolge von zwei Handwerkern angemeldet worden war.
In einem Redebeitrag kritisierte ein Mann die Politik der Ampelregierung in Berlin und die Presse. Letzterer warf er Regierungstreue und falsche Berichterstattung zu verschiedenen Themen vor. Die Kritik richtete sich nicht nur gegen den MDR und andere öffentlich-rechtliche Sender, sondern etwa auch gegen die Berichterstattung von Zeitungen.
Einige Teilnehmenden der Kundgebung skandierten zwischendurch immer wieder „Lügenpresse!“. Plakate mit Aufschriften „Danke ARD, ZDF, MDR, für eure Propaganda!“, oder „Medienhetze vom Redakteur bis Sprecher – alles Verbrecher“.
Bauernverband distanziert sich „vehement“
Angesichts der vergangenen Bauern-Proteste und anwesenden Traktoren auf der Demo vom Donnerstag, hat sich jetzt der Thüringer Bauernverband zu Wort gemeldet. Für die Landwirte ist klar: „Der TBV distanziert sich vehement von dieser Veranstaltung“, wie es in einer Mitteilung heißt. Der Verband sei auch nicht der Demo-Anmelder und habe auch nicht dazu aufgerufen.
„Eine Veranstaltung, wie die heute vor dem mdr-Landesfunkhaus in Erfurt, hat einerseits nichts mit den Forderungen der Landwirte zu tun und ist andererseits an die falsche Adresse gerichtet“, macht der TBV deutlich. Vielen nutzten nun aber den Begriff „Bauernproteste“ für ihre Zwecke. Es sei schade, dass die Forderungen der Landwirte nun durch diffuse und undefinierte Forderungen unterwandert werden würden, so die Sprecherin weiter. Gleichzeitig sagte sie, dass der Verband es keinem Landwirt verbieten könne, an Demonstrationen teilzunehmen.
Die Polizei zählte um die Mittagszeit etwa 300 Fahrzeuge. Die Polizei betonte, dass es sich nicht um einen Bauernprotest handelte. Allerdings waren vor Ort viele Traktoren mit Bannern wie zuletzt bei den Demonstrationen der Landwirte gegen den Abbau von Agrarsubventionen zu sehen.
Demo-Teilnehmer nehmen Bezug auf Bauern-Proteste
Auch ein Redner nahm am Donnerstag immer wieder Bezug zu den Bauern und deren Forderungen. Er erklärte, dass viele Handwerker und Mitarbeiter von Logistikfirmen bei der Demo seien. Sie alle forderten demnach Planungssicherheit und weniger Bürokratie in ihren Branchen.
Manche Teilnehmer trugen Westen mit Motiven, wie sie auch bei einigen Protesten gegen die Corona-Politik zu sehen gewesen waren: Darauf waren Politiker in an Sträflingskleidung erinnernden Outfits abgebildet, die Tafeln mit der Aufschrift „Schuldig“ in der Hand hielten. Die Ankündigung zur Kundgebung war auch beim Messengerdienst Telegram in rechtsextremen Kreisen geteilt worden.
MDR äußert sich zu Demo
„Bisher haben sich die Organisatoren nicht mit einer Gesprächsanfrage an uns gewandt. Mit konstruktiven Anfragen setzen wir uns selbstverständlich immer auseinander“, hatte eine Sprecherin des MDR auf Anfrage bereits am Mittwochabend mitgeteilt. Auch am Donnerstag gab es nach MDR-Angaben keine Anfrage.
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Die Sprecherin betonte, dass das Demonstrationsrecht und die Meinungsfreiheit wesentliche Elemente der freiheitlich-demokratischen Grundordnung seien. „Unsere Gesellschaft lebt vom Diskurs und vom respektvollen Austausch von Argumenten. Der MDR steht mit seinen Programmangeboten für eine vielfältige und ausgewogene Berichterstattung.“ Der MDR habe verschiedene regelmäßige Formate, in denen das Rundfunkhaus mit dem Publikum oder auch Verbänden im Gespräch sei. Zudem gebe es Aktionen, um die Arbeit der Redaktionen transparent zu machen.
Die Demonstration hatte zu Einschränkungen im Verkehr geführt: In Erfurt wurde etwa die Gothaer Straße teils gesperrt, Umleitungen wurden eingerichtet. Auch einige Straßenbahnen fuhren wegen der Demonstration unregelmäßig, wie etwa den digitalen Anzeigen an den Haltestellen zu entnehmen war. Weil die Veranstalter laut Polizei ihrer Pflicht nachkommen mussten, sicherzustellen, dass Rettungswege frei bleiben, war die Kundgebung mit deutlicher Verzögerung gestartet. (jko mit dpa)