Wie die Thüringer Polizei Stephanies Mörder auf die Spur kam
Polizei spricht über Mordfall Stephanie aus Weimar
Dringend Tatverdächtiger in Berlin geschnappt
Schwierige Ermittlungen: Wie die Polizei dem mutmaßlichen Kindermörder G. auf die Spur kam
Es ist 8.04 Uhr am Sonntag, als das Sondereinsatzkommando die Holztür der Berliner Wohnung aufsägt. Vollkommen überrascht greift der 65-jährige Bewohner zu einer Eisenstange und schlägt auf die Beamten ein. Ein Handgemenge folgt. Am Ende ist einer der meistgesuchten Tatverdächtigen aus Thüringen geschnappt.
Bilder der Pressekonferenz zum Mordfall Stephanie:
Mord an Stephanie aus Weimar liegt viele Jahre zurück
Dem Mann wird vorgeworfen, 1991 die kleine Stephanie aus Weimar missbraucht und dann getötet zu haben. Bei einer Pressekonferenz am Dienstag sprachen die Ermittler darüber, wie sie dem Beschuldigten auf die Spur kamen. Erst neue forensische Methoden brachten fast 27 Jahre nach dem Mord an dem Mädchen den Durchbruch. Dabei stand Hans-Joachim G. bereits in den frühen 1990er-Jahren im Fokus von Polizei und Justiz.
Kinderleiche unter der Teufelstalbrücke
Rückblende: Stephanie D. verschwindet im Sommer 1991 aus dem Goethepark in Weimar, ein Unbekannter soll sie weggelockt haben. Wenig später wird die Zehnjährige tot unter der Teufelstalbrücke an der A4 gefunden. Die Ermittlungen beginnen, aber auch nach Jahren fehlt eine heiße Spur.
Doch schon damals findet Hans-Joachim G. Eingang in die Akten der Polizei. Der heute 65-Jährige passt ins Muster: aufgewachsen in Weimar, Bezüge auch nach Jena. Vor der Wende war er nach Berlin gezogen, als Lkw-Fahrer ist er aber weiterhin im gesamten Bundesgebiet unterwegs. 1994 wird er schließlich festgenommen – wegen des sexuellen Missbrauchs von Kindern in Ostthüringen.
Mord an Stephanie – Fotos der relevanten Tatorte:
DNA und digital: Neue Methoden im Fall Stephanie
Eine stichhaltige Verbindung zum Fall Stephanie kann die Polizei aber damals nicht herstellen. Das gelingt erst der Sonderkommission „Altfälle“, die 2016 in Thüringen ihre Arbeit aufnimmt. Im Fokus der Soko stehen auch die weiterhin ungeklärten Kindermorde an Ramona Klaus und Bernd Beckmann. Neue Methoden zur Untersuchung von DNA-Spuren rücken unter anderem G. wieder ins Blickfeld der Ermittler. Außerdem führt Thüringen ein neues elektronisches Fallbearbeitungssystem ein.
Akten per Hand übertragen
Zahllose Akten aus den 1990ern werden per Hand eingegeben – doch die Mühe lohnt sich. Dank der digitalen Auswertung können die Bezüge des Tatverdächtigen zum Mordfall Stephanie sicher hergestellt werden. Die Erinnerung eines Zeugen, der sich 2017 meldet, erweist sich letztlich doch als falsche Spur. „Es war eine Puzzlestein-Arbeit, wie ich sie noch nicht erlebt habe“, sagt Jenas Polizei-Chef Thomas Quittenbaum.
Die Beamten aus Thüringen heften sich nun an die Fersen des Tatverdächtigen. Unterstützung erhalten sie aus Berlin und Nordrhein-Westfalen, unter anderem wird ein psychologisches Profil erstellt. Die Frage lautet: Wie reagiert ein Mann, der fast 27 Jahre nach seiner Tat, gestellt wird?
Observierung in Berlin und bundesweit
Schließlich folgt eine intensive Observierung. Anderthalb Wochen lang lässt die Polizei den 65-Jährigen nicht aus den Augen, verfolgt den Lkw des geschiedenen Mannes quer durchs Land. Am Sonntag dann der Zugriff in seiner Wohnung in Berlin. Nach dem Gerangel leicht verletzt, gesteht G. den Mord an Stephanie. Während die Beamten noch die Spuren sichern, wird er aufs Revier gebracht, am Montag ergeht Haftbefehl, der dringend Tatverdächtige kommt ins Thüringer Gefängnis Suhl-Goldlauter. Seither schweigt er zum Tod der kleinen Stephanie.