Ein grauer Schleier liegt über den Feldern in Thüringen. Wo einst das Gackern und Scharren der Tiere den Morgen begleitete, herrscht nun vielerorts gespenstische Stille.
In Thüringen wächst die Sorge: Die Geflügelpest, eine Krankheit, die auch als Vogelgrippe bekannt ist, greift weiter um sich – und zwingt nun auch eine weitere Stadt aus Thüringen zum Handeln.
Thüringen: 400.000 tote Tiere
Deutschlandweit wurden in diesem Jahr rund 400.000 Hühner, Enten, Gänse und Puten getötet, um eine weitere Ausbreitung der Tierseuche einzudämmen. Etwa 30 kommerzielle Geflügelbetriebe mussten ihre Bestände vollständig räumen, meldet das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI), die zentrale Forschungseinrichtung für Tierseuchen. „Wir sehen nach wie vor ein sehr dynamisches Geschehen“, betont Institutspräsidentin Prof. Christa Kühn.
Bereits 2021 habe man ähnliche Dimensionen erlebt – und die aktuelle Lage lasse vermuten, dass das Schlimmste noch bevorstehen könnte. Besonders hart getroffen wurde bislang der Nordosten Deutschlands. Zwei Betriebe in Mecklenburg-Vorpommern mussten insgesamt fast 150.000 Legehennen töten. Der Landkreis Märkisch-Oderland in Brandenburg gab am Sonntag bekannt, dass dort infolge der Vogelgrippe weitere 130.000 Tiere getötet werden müssen. Doch auch in Niedersachsen, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und eben Thüringen zeigen die jüngsten Infektionen, dass die Tierseuche längst kein regionales Phänomen mehr ist.
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Der Höhepunkt des Vogelzugs steht noch bevor. Damit sei für Tierhalter die Gefahr, dass die Vogelgrippe in ihre Bestände eingeschleppt wird, weiterhin groß, hieß es. Die Betriebe wurden ermahnt, die Hygienemaßnahmen genauestens einzuhalten und Kontakte zu Wildvögeln zu unterbinden. So hat jetzt auch der Landkreis Gotha am Wochenende eine Stallpflicht für Geflügel angeordnet. Damit soll jeglicher Kontakt zwischen Hausgeflügel und Wildvögeln unterbunden werden. Zwar sei im Kreis bislang kein Virusnachweis erbracht worden, teilte das Landratsamt mit, doch die Gefahr sei real. In mehreren Regionen Thüringens wurde das hochansteckende H5N1-Virus bereits nachgewiesen – eine Entwicklung, die Behörden und Tierhalter gleichermaßen alarmiert.
Wie geht es jetzt weiter?
Mit dem Vogelzug im Herbst steigt die Gefahr einer Übertragung zusätzlich. Infizierte Wildvögel, die auf ihrer Reise in den Süden Rast machen, gelten als Hauptüberträger des Virus. Besonders tragisch zeigt sich die Situation bei den Kranichen: Im brandenburgischen Linumer Teichland ist ein massenhaftes Sterben der majestätischen Zugvögel zu beobachten. In 65 Fällen wurde der Erreger H5N1 nachgewiesen, doch Fachleute gehen von einem Vielfachen an toten Tieren aus. Die Forscher des FLI mahnen zur Vorsicht: Der Virusdruck durch infizierte Wildvögel sei derzeit extrem hoch. Der Appell lautet, jeden Kontakt zu toten oder kranken Wildvögeln zu vermeiden. Auch indirekt – etwa über verunreinigte Schuhe oder Geräte – könne das Virus in Geflügelbestände eingeschleppt werden. Für die Bevölkerung besteht laut FLI zwar nur ein geringes Infektionsrisiko, doch Personen, die in direktem Kontakt mit betroffenen Tieren stehen, tragen Schutzkleidung und unterliegen strengen Sicherheitsvorkehrungen.
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Während sich die Landkreise bemühen, mit Schutzmaßnahmen und Stallpflichten das Schlimmste zu verhindern, steht auch die Politik unter Zugzwang. Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer (CSU) sprach sich dafür aus, die Entschädigungszahlungen für gekeulte Tiere deutlich zu erhöhen – von bisher 50 auf bis zu 110 Euro pro Tier. „Wir müssen die wirtschaftliche Existenz der Tierhalter sichern, wenn sie im Sinne der Allgemeinheit handeln“, betonte der Minister. (mit dpa)
