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Thüringen: Scharfe Kritik von Wolfs-Experten – „Lobby-Diktat“

In Thüringen wächst der Druck auf die Politik: Die Landesregierung will den Abschuss von Wölfen erleichtern – doch Tierschützer üben Kritik.

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Diese Raubtiere leben in deutschen Wäldern

Raubtiere gibt es nicht nur in den tiefen Wäldern Nordamerikas oder Kanadas. Auch in Deutschland leben Tiere, die zu Raubtieren gezählt werden.

Die Thüringer Landesregierung will die Regeln für den Umgang mit Wölfen lockern. Gemeinsam mit anderen Ländern hat Thüringen eine Empfehlung an die Regierungschefs unterzeichnet, um sogenannte Problemwölfe leichter abschießen zu können. Das Thema steht Ende Oktober auf der Tagesordnung der Ministerpräsidentenkonferenz. Ziel sei laut Thüringens Staatskanzleiminister Stefan Gruhner (CDU) „ein wirksamer Schutz von Mensch, Tier und Natur“ (wir berichteten).

Ein zentraler Punkt ist die geplante Hochstufung des Wolfsbestandes in Deutschland von „unbekannt“ auf „günstig“. Diese Einstufung ist Voraussetzung für eine erleichterte Jagd. Kritiker sehen darin jedoch keinen wissenschaftlich fundierten Schritt, sondern eine politische Entscheidung mit weitreichenden Folgen – auch für Thüringen.

Scharfer Protest von Tierschützern

Der Verein Wolfsschutz-Deutschland e. V. verurteilt die Meldung des „günstigen Erhaltungszustands“ scharf. Die Vorsitzende Brigitte Sommer spricht von einer „rein politischen Farce“. Durch die Zusammenführung starker ostdeutscher Wolfspopulationen mit schwachen Beständen im Westen werde der Wolf künstlich als „günstig erhalten“ deklariert – ohne wissenschaftliche Grundlage. Ziel sei es, Abschüsse zu erleichtern und den Wolf ins Bundesjagdgesetz aufzunehmen.

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Sommer erklärt weiter: „Diese Entscheidung ist nicht wissenschaftlich, sondern ein Lobby-Diktat.“ Sie wirft der Jagd- und Agrarlobby vor, den Wolf zur Zielscheibe zu machen. Das führe zu instabilen Rudeln und mehr Konflikten.

Gefahr für den Artenschutz in Thüringen

Laut Sommer ignoriere das Bundesumweltministerium etablierte FFH-Kriterien. Regionale Unterschiede fehlten, quantitative Daten wie Mortalitätsraten oder Habitatqualität würden verschwiegen. „Ostdeutsche Rudel (Sachsen, Brandenburg) maskieren die Fragilität im Westen“, so Sommer. Nach Einschätzung des Bundesamts für Naturschutz (BfN) und des Senckenberg-Instituts sei der Bestand weiterhin „vulnerabel“.

Bundesumweltminister Carsten Schneider feiere den Schritt dennoch als Erfolg. Er sprach laut Sommer von einem Mittel, um „Probleme vor Ort leichter zu lösen“. Für die Tierschützer ist das ein Code für mehr Abschüsse. Der Verein warnt vor „sinnlosen Wolfstötungen“, die illegale Abschüsse legitimieren und neue Risse provozieren würden. Prävention durch Elektrozäune oder Herdenschutzhunde reduziere Schäden um bis zu 80 Prozent und sei kostengünstiger. Trotzdem würden Fördergelder gekürzt und bürokratische Hürden erhöht.


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Sommer betont: „Wir sehen uns nicht als Feinde der Landwirte. Gemeinsam müssten wir gegen eine Politik kämpfen, die Bauern mit Bürokratie überfordert und Jägern Trophäen ermöglicht.“ Die Vorsitzende kritisiert, dass sich das System selbst verstärke: „Jäger führen Monitoring und schießen, die Daten dienen der Jagd.“