An sich könnte es so einfach wie günstig sein. Gegen eine Pilzkrankheit setzten nämlich viele Winzer auch in Thüringen in der Vergangenheit auf einen Stoff, der sich bei den meisten von uns auch irgendwo im Küchenschrank versteckt: Backpulver. Also Natriumhydrogencarbonat beziehungsweise Natron.
Das Problem: Natron ist auch Bestandteil eines kommerziellen Pflanzenschutzmittels, das von der EU genehmigt wurde. Als sogenannter Grundstoff kann es damit in der Landwirtschaft nicht mehr verwendet werden. Es droht die Teuer-Klatsche für Winzer auch in Thüringen.
Thüringer Winzer in der EU-Bredouille
„Unsere Winzerinnen und Winzer stehen massiv unter Druck“, sagte Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer (CSU). „Sie können nicht mal mehr das günstige und einfach verfügbare Backpulver verwenden, um die Reben vor dem Echten Mehltau zu schützen. Die EU-Regularien schieben dem einen Riegel vor – das müssen wir ändern.“
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In der EU will er sich deshalb dafür einsetzen, dass Natron weiterhin als Grundstoff im Weinbau verwendet werden darf. Das ist in Deutschland und Österreich seit dem März 2025 nicht mehr möglich. Für die Weinbauern war das besonders bitter, weil dadurch eine ziemlich günstige Methode für den Pflanzenschutz wegfiel. Erlaubt war ab diesem Zeitpunkt nur das kommerzielle Produkt, in dem Backpulver als Inhaltsstoff enthalten ist.
„Benötigen wir eigentlich noch viel mehr“
„Letztlich sehe ich darin nur den Lobbyismus der großen Pflanzenschutzmittelkonzerne“, erklärt Andreas Clauß vom Thüringer Weingut Bad Sulza auf Thüringen24-Anfrage. Sein Verdacht: Die Großunternehmen wollen ihre teuren Mittel „mit einem ganz ähnlichen Wirkstoff verkaufen“ und sähen es nicht gerne, „dass so ein billiger Grundstoff die gleiche Wirkung hat und bei den Winzern aufgrund des deutlich günstigeren Preises beliebt ist“.
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Dennoch habe die Entscheidung, ob Backpulver als Grundstoff zugelassen wird oder nicht, kaum einen Einfluss auf den Weinbau und die Winzer. „Der Wein wird allein wegen dieser Entscheidung keinesfalls teurer. Dieses eine ‚Pflanzenschutzmittel‘ ist schließlich nur ein ganz kleines Puzzleteilchen in der gesamten Weinherstellung“, so Clauß.
Dennoch sollte der Wirkstoff aus seiner Sicht wieder freigegeben werden. Immerhin wird er nicht nur im Öko-, sondern auch im konventionellen Weinbau besonders gerne eingesetzt. „Solche Wirkstoffe benötigen wir eigentlich noch viel mehr.“
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Neben Deutschland setzen sich noch acht weitere EU-Mitgliedsstaaten für eine Änderung der EU-Regel ein, darunter Frankreich, Luxemburg, Österreich, Rumänien, die Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn.

