Erschreckend sind die Werte, die das Institut für Demoskopie Allensbach da veröffentlicht hat. Demnach fühlen sich Ostdeutsche zu 59 Prozent als Bürger zweiter Klasse. Das ist 34 Jahre nach der Wiedervereinigung nicht nur schrecklich, es hat auch einen Einfluss auf die kommende Thüringen-Wahl 2024.
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Wer am 1. September zur Wahl geht, stimmt für den Landtag in Thüringen ab. Das hat mit der Politik auf Bundesebene nur zweitrangig zu tun. Dennoch spielen viele nationale Themen eine Rolle beim Wahlkampf. Eines davon ist der Unterschied zwischen Ost und West, den es noch immer gibt. Unsere Redaktion war in Erfurt, Suhl und Sömmerda unterwegs und hat die Thüringer gefragt, ob sie sich anders behandelt fühlen als die Westdeutschen.
Ossis immer noch anders als Wessis? Reden wir drüber!
Ein Befragter, den wir in Erfurt treffen, ist gerade zur Wende geboren. „Ich wünsche mir von der Thüringen-Wahl auf jeden Fall mehr Gerechtigkeit zwischen Ost und West. Die Löhne müssten mal wieder angeglichen werden“, macht er seine Meinung gegenüber unseren Reportern deutlich.
Der Osten werde immer noch anders gesehen als der Westen, erklärt der Mann, der auch schon mehrere Jahre in westdeutschen Bundesländern gearbeitet habe und dort deutlich besser verdiene, wie er sagt. „Wenn man im Fernsehen sieht, der Osten besteht nur aus Nazis oder aus kaputten, dummen Menschen“, dann sei das natürlich negativ für die Thüringer. „Als Ostdeutscher wird man oft als asozial angesehen. Gerade wenn man einen Dialekt hat, dann ist es noch viel schlimmer.“
Thüringen-Wahl: „Wie Rufmord“
Eine Frau treffen wir in Suhl. Sie war 25 Jahre in der sozialen Branche tätig, erzählt sie. „Ich hatte Kontakt zu westdeutschen Kollegen. Ich weiß, was die Ossis können, und ich weiß, was die Wessis von uns gedacht haben. Ich weiß, wie wir sie überzeugt haben mit gutem Handeln und guter Betreuung von behinderten Menschen.“ Die Ossis brauchen sich nicht zu verstecken, findet sie.
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„Aber was gerade mit uns passiert, ist so ein bisschen wie Rufmord, und das finde ich halt nicht gut.“ Damit meint sie nicht zuletzt die Berichterstattung über die Thüringen-Wahl. Mit den AfD-Wählern in einen Topf geschmissen fühlt sie sich aber nicht. „Ich habe meine eigene Meinung.“ Mit den hohen Umfragewerten der AfD in Suhl und im Rest des Landes geht es ihr schlecht, sagt sie. „Weil das nicht das ist, was in Thüringen widergespiegelt wird.“
Ein weiterer Befragter ist noch vor der Wende geboren, erzählt er. Er kann sich nicht mehr an die politischen Debatten damals erinnern, dazu war er zu klein, aber die Aufbruchsstimmung habe er wahrgenommen. Einen solchen Umbruch würde er sich jetzt wieder wünschen, erklärt er. „Gerade hier im Osten, dafür sind 34 Jahre noch nicht genug, gibt es einen spürbaren Unmut.“ Er glaubt, dieses Denken befördert auch das Erstarken der AfD im Osten.
Immer noch Ungleichheit
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Fast alle der etwa 15 Befragten nehmen eine Ungleichbehandlung von Ostdeutschen und Westdeutschen wahr. Dabei geht es vor allem darum, wie über Ostdeutsche berichtet wird. Diese Werte decken sich mit denen des Instituts für Demoskopie Allensbach. Auf die Frage „Fühlen sich Ostdeutsche als Menschen zweiter Klasse?“ antworteten 59 Prozent mit „ja“.