Die Temperaturen steigen – auch im Wahlkampf in Thüringen. In etwas mehr als einem Monat stimmt der Freistaat über seine politische Zukunft ab – und schon jetzt scheint klar: Nach dem Chaos 2019 dürfte die Landtagswahl 2024 nicht weniger turbulent werden.
Über allem steht der immer länger werdende Schatten, der sich im Freistaat von rechtsaußen her ausbreitet. Björn Höcke möchte in Thüringen den ersten Ministerpräsidenten für seine Partei stellen – und die AfD fährt in Umfragen derzeit regelmäßig Zustimmungswerte um die 30 Prozent ein.
Nicht nur für Journalisten stellt sich da die Frage: Wie geht man mit einer Partei um, die vom Verfassungsschutz als erwiesen rechtsextremistisch beobachtet wird? Der Noch-Ministerpräsident Bodo Ramelow haut in diesem Zusammenhang auf den Tisch und findet in einem Podcast deutliche Worte.
Thüringen: Linke im Talflug
Ramelow stellte sich im Podcast „Reden wir über Thüringen“ von TA, OTZ und TLZ vor der Landtagswahl den Fragen der Reporter – und es dauerte nicht lange, dass das Gespräch auf die schwindenden Umfragewerte der Linken in Thüringen schwenkte. In einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts INSA lag die Partei bei gerade einmal 14 Prozent. Weit entfernt von den über 30 Prozent an Landesstimmen, die die Partei noch 2019 abräumen konnte. In diesem Kontext zeigt sich Ramelow ehrlich: „Die Umfragewerte von meiner Partei sind derart schwindsüchtig, dass ich mir selbst Sorgen darum mache, was heißt das eigentlich“, sagte der Ministerpräsident. „Aber klar ist – das kann ich nur so klar formulieren – wer Ramelow will, muss dann auch Ramelow wählen.“
Ein möglicher Koalitionspartner der Linken wäre dabei die von Mario Voigt angeführte CDU, die sich im Wahlkampf bisher mit eher wenigen Flirtversuchen in Richtung Linke bemerkbar machte. Stattdessen scheint der Landeschef eher auf Polarisierung zu setzen – und stellte sich in einem TV-Duell direkt dem AfD-Spitzenkandidaten Björn Höcke. Ein taktischer Zug, den Ramelow kritisch betrachtet.
„Ich finde das eine schwierige Polarisierung, wenn man aus dem Schatten des Ministerpräsidenten heraustreten möchte (…), dass man das zu dem Preis macht, dass man Herrn Höcke (…) ein Podium bietet, das er selbst ablehnt – nämlich die bürgerliche Presse.“
Bodo Ramelow (Linke)
Auch, dass die Einladung zum Gespräch von Voigt selbst ausging, kritisiert Ramelow. „So stellt man den Herrn Höcke nicht. So gibt man ihm die Möglichkeit, dass er in seiner eigenen Wählerschaft sich sogar noch populärer macht, indem man sagt: Ach schau, er ist ein ganz normaler Politiker. Das ist Herr Höcke genau nicht.“
„Die AfD hat nichts an den Tag gelegt“
Gleichzeitig wurde die mediale Berichterstattung immer wieder dahingehend kritisiert, dass die AfD darin zu stark ausgegrenzt werde. Ein Kritikpunkt, den Ramelow nachvollziehen kann. „Wer aus gutem Glauben die AfD gewählt hat, der möchte nicht, dass die gleiche AfD anschließend ausgegrenzt wird“, so der Linken-Politiker. „Aber man muss dann auch darüber reden. Die AfD – das ist meine Wahrnehmung – hat in den Ausschüssen nichts an den Tag gelegt.“
Mehr News:
Am rechten Rand zu nach Wählerstimmen zu graben ist aus seiner Sicht also wenig gewinnbringend. „Alle Umfragewerte sagen: 70 Prozent sind der demokratische Teil.“ Sein Wahlziel sei deswegen, diese 70 Prozent in den Vordergrund zu rücken.