Plötzlich spricht alle Welt über Sonneberg. Der kleinste Thüringer Landkreis hat es nach der Landratswahl sogar in die Schlagzeilen von ausländischen Medien geschafft. Für den Wirtschafts- und Tourismusstandort ist das nicht unbedingt ein Grund zum Jubeln. Im Gegenteil.
Nachdem zum ersten Mal ein AfD-Politiker in Deutschland zum Landrat gewählt worden war, kam es vermeintlich sogar zu Boykottaufrufen gegen Sonneberger Unternehmen. Einem Medienbericht zufolge soll es auch in Hotels schon zu Stornierungen gekommen sein. Was sich dahinter verbirgt – und ob sich die Thüringer Region jetzt auf Konsequenzen einstellen muss, liest du hier.
Thüringen: Boykott-Tweet sorgt für Beben
Besonders ein Tweet, der sich gegen den Sonneberger Modelleisenbahn-Hersteller „Piko“ richtete, sorgte für ein Beben. Darauf zu lesen: „Bitte kauft keine Produkte mehr von Piko, diese Firma hat ihren Sitz im Nazi-Landkreis Sonneberg“. Screenshots davon kursieren noch immer im Netz. Auf ihnen wird der Beitrag auf den Sonntag (25. Juni) datiert – und das Echo ließ nicht lange auf sich warten.
Etliche fühlten sich wegen des Beitrags vor den Kopf gestoßen. „Wer sagt, dass die Beschäftigten bei Piko die AfD gewählt haben?“, fragt sich etwa ein Nutzer. Ein anderer will sofort „aus Trotz und Solidarität“ einen Piko-Wagon im Shop bestellt haben. Piko-Chef René Wilfer äußerte sich am Dienstag (27. Juni) gegenüber der „Bild“ zumindest indirekt zum Tweet. „Die Boykottaufrufe sind bedauerlich, diese Leute sind nicht klar“, sagt er der Zeitung. „Das ganze grenzt an Sippenhaft.“
Thüringen: Drohen Konsequenzen im Tourismus?
Wer auch immer den Tweet verfasste, er hat den Beitrag mittlerweile gelöscht. Auch der Account ist inzwischen nicht mehr zu finden. Gut möglich, dass es sich hier nur um einen Troll-Versuch gehandelt hat. Dass der Modelleisenbahn-Hersteller aus Süd-Thüringen nach der Wahl tatsächlich mit wirtschaftlichen Konsequenzen rechnen muss, bleibt mehr als fraglich. Piko ist in der Modelleisenbahn-Szene fest etabliert – und navigierte trotz einiger Schwierigkeiten relativ erfolgreich durch die Corona-Krise.
Mehr Themen:
Ob das im Sonneberger-Tourismus genauso aussieht, muss sich erst noch zeigen. Recherchen der „Bild“ zufolge haben mindestens vier Sonneberger Hotels nach der Wahl von Robert Sesselmann Stornierungen hinnehmen müssen. Im Hotel „Schöne Aussicht“ würden auch böse Mails und schlechte Google-Bewertungen eintrudeln. In einer ist zu lesen: „War mal eine schöne Aussicht. Leider jetzt nur braun und man fühlt sich unwohl.“
„Ich bin seit 1994 Hotelchef, aber das übertrifft bisher alles“, sagte Betreiber Steffen Rottenbach der Zeitung.
Zuvor hatte schon Bundesinnenministerin Nancy Faeser vor wirtschaftlichen Konsequenzen der Landratswahl in Sonneberg gewarnt. Mehr dazu liest du hier>>>