Martin Ebert: „Viele Visionen“ eines Vollblutmusikers aus Gera
Viele Visionen hat Martin Ebert, Solokünstler aus Gera, mit Herz in Ton umgesetzt, wobei der Vollblutmusiker nichts anbrennen lässt und für ihn sogar ein Label gegründet wurde, damit er der Musik dienen kann. In einem Café in Gera berichtet Martin Ebert unserem #onstage-Reporter Tobias Marx von seinem spontanen Start in die deutschsprachige Musik, von der Produktion seines ersten Albums und von seinem Traum einer kompletten Tourband.
Auf Deutsch beflügelt
Explosiver deutscher IndiePop – so beschreibt Martin Ebert seine Musik. Das erste Konzert spielte er 2014 bei den Geraer Songtagen. Schon vor dem ersten Auftritt hatte er mit Freunden zusammen eher aus Spaß zwei Videos gedreht, aber der Song „Sonne“ wurde mehr als tausendmal geklickt und er merkte: Da geht was! Schon lange war Martin Ebert als Gitarrist und Schlagzeuger im Metal aktiv, hatte aber vorher nicht auf Deutsch geschrieben. Diese Wende kam durch Liebeskummer – und so begann seine musikalische Reise, Flügel zu bekommen. Er testete seine ersten Kompositionen an Freunden, die ihn ermutigten weiterzumachen. Positive Resonanzen kamen für die Texte, aber auch für die Gitarrenriffs und Rhythmen.
Musikvideo: Martin Ebert – Keine Ahnung, was ihr wollt
„Es muss mein Herz berühren“
Martin Eberts Ansatz ist an sich simpel: „Ich versuche, die deutschsprachige Musik zu machen, von der ich mir wünsche, dass es sie gibt.“ Die Musik muss zwar gut gemacht sein, aber sie muss auch emotional packen: „Es muss mein Herz berühren und dann ist es toll!“. Den Anfang bildet immer eine Melodie – eine Ideensammlung pflegt Martin Ebert auf seinem Telefon. Die Melodien werden gesungen und mit Hilfe der Gitarre harmonisiert, und dabei stellt sich dann heraus, ob sie Gesangslinien oder Gitarrenriffs werden. Mit Loopstation und Gitarre werden weitere Linien oder Melodien improvisiert, allerdings noch immer ohne Text.
Martin Ebert schreibt über Liebe, Freundschaft, Menschen und berichtet über seine Erlebnisse. Die Texte sind ihm wichtig und er will verstanden werden, daher sind auch im Internet unter seinen Videos immer die Lyrics zu finden. Für die Inhalte der Texte bekommt er häufig positive Resonanz vom Publikum. Halbfertige Songs werden auch nicht öffentlich präsentiert, alles wird bis zur vollen Zufriedenheit des Künstlers ausgearbeitet und dann noch an Freunden getestet, bevor es auf die Bühne kommt. So dauert es unter Umständen ein Jahr, bis ein Song fertig wird.
Sich selbst motivieren
Manchmal ist der Startpunkt für einen Song auch ein Gedicht oder ein Thema, das ihm wichtig ist. So entstand zum Beispiel der Song „Artikel 1“ – nicht sein einziger politischer Song, aber nicht alle heben so sehr den Zeigefinger. Der Song „Viele Visionen“, der auch das Album betitelt, stammt aus einer Zeit, als Martin Ebert unbedingt Musik studieren wollte und dem Hot House entkommen musste. Mit dem Song schaffte er sich selbst Motivation und Abstand – stellvertretend auch für viele seiner Freunde. Der Song „Die Wand“ besingt den inneren Schweinehund: Als Gefangener muss man sich seinen Weg nach draußen selber schaffen. Auch hier motiviert sich Martin Ebert selbst und freut sich, dass er damit auch sein Publikum anspricht.
Von Anfang an professionell
Martin Ebert ist ein Solo-Künstler, der für anspruchsvolle Musik stehen will. Deswegen arbeitete er auch für sein Album von Anfang an mit professionellen Musikern zusammen. Jeden Tag spielt er seine Songs, sodass Proben an sich kaum notwendig sind. Instrumente üben und die Stimme trainieren – sind für ihn eine tägliche Selbstverständlichkeit. Martin Ebert ist aber neben seinem Solo-Projekt auch in Bands aktiv, spielt mit einem Pianisten zusammen Fusion, singt Backings bei der Tour einer befreundeten Band und spielt für andere Künstler die E-Gitarren ein. Über eine EP-Produktion einer früheren Band entstand auch die Freundschaft zu Thilo Farr, der später der Produzent seiner ersten Solo-Platte werden sollte.
Nichts anbrennen lassen
Im Mai 2016 veröffentlichte Martin Ebert das Album „Viele Visionen“. Ein Jahr lang schrieb er an der Musik, weitere anderthalb Jahre dauerte die Produktion und ein weiteres halbes Jahr brauchte das Artwork. Unwesentlich viel Geld musste er in das Album stecken, denn seine Freunde haben ihn von Anfang an unterstützt, zum Beispiel Thilo Farr mit seinem Tonstudio.
Mit zu hören sind auf „Viele Visionen“ der Bassist Oliver Klemp, Percussionist Michael Nagler, Pianist Philipp Uhlig, Keyboarder Rocco Basler und Programmer Philipp Röder, der die Platte auch gemixt hat. Der Einfluss des Produzenten Thilo Farr auf das Album ist laut Martin Ebert groß – nicht was die Texte oder Songstrukturen angeht, aber seine Erfahrung floss definitiv mit in die Grooves und die E-Gitarrensounds ein. Ein Großteil der konkreten musikalischen Umsetzung ist in spontaner Zusammenarbeit mit den Musikern entstanden. Und Martin Ebert ist froh über den kreativen Input und auch, dass er einige der vielen musikalischen und produktionstechnischen Entscheidungen abgeben konnte. Das Mastering der Platte übernahm Kalyx in Berlin: „Da haben wir nichts anbrennen lassen!“ sagt, Martin Ebert. Das Artwork des Albums hat auch ein Freund gemacht: Der Künstler Christoph Vieweg, der intuitiv zu den Songs gemalt und die Bilder dann mit Grafiken kombiniert hat. Im Booklet sind auch die Texte zum Mitsingen abgedruckt. Die Platte ist inzwischen überall erhältlich.
Ein Vollblutmusiker
Zur Vermarktung der Platte haben zwei weitere Freunde das Label „Viele Visionen Tonträger“ gegründet und kümmern sich um Gema, Promotion, Airplay und Internetvermarktung. Martin Ebert hatte zwar Plattenverträge angeboten bekommen, die er aber allesamt aufgrund der Konditionen abgelehnt hatte. Nun haben sich Patrick A. Nast und Michael Wetzelt, die an die Sache glauben, in das Business reingefuchst. Die Ausgaben für die Platte kommen zwar durch Konzerte und CD-Verkäufe wieder rein, trotzdem unterrichtet Martin Ebert in Gera Schlagzeug und Gitarre, ist also definitiv ein Vollblutmusiker. Social Media und Booking betreibt er selbst, für die Tour in 2016 hatte Martin Ebert über 300 Läden angeschrieben: „Mein Postfach quillt über und ich bin froh, wenn ich das irgendwann abgeben kann.“
Alarm zu zweit
Noch kann es sich Martin Ebert nicht leisten, die Profimusiker, die auf seinem Album zu hören sind, auch mit auf Tour zu nehmen, und so ist er meistens mit dem Schlagzeuger Ralph Jähn unterwegs. Zu zweit machen beide viel Alarm, zumal Martin Ebert dann auch seine Loopstation mit dabei hat, mit der er Gitarren und Stimme vervielfacht: „Das ist ein Format, das sehr gut funktioniert.“ Eine feste Band gibt es zurzeit nicht, aber das ist definitiv das Ziel.
Der Musik dienen
Martin Ebert hat sich vorerst nichts weiter vorgenommen, als sich „den Arsch abzuspielen“, wie er sagt. Zurzeit arbeitet er an den Gigs für den Sommer: Einige Festivals sollen es schon werden. Irgendwann möchte er mit einer kompletten Band unterwegs sein. Das Booking und die Bewerbung der Platte stehen immer auf dem Tagesplan, wie auch das Spielen in anderen Bands und das Unterrichten. Inzwischen schreibt Martin Ebert schon an den Songs für das nächste Album. Langfristig möchte er der Musik dienen, Songs schreiben, um zu existieren und gute Konzerte spielen. Musik als Lebensweg – das ist Martin Eberts Ziel.