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Kommt der Eixit? Thüringer Eichsfeld will nach Niedersachsen

Kommt der Eixit? Thüringer Eichsfeld will nach Niedersachsen

Gebietsreform
Schlid bei Demo gegen die Kreisgebietsreform Foto: dpa

Es ist ein zentrales Reformprojekt von Rot-Rot-Grün: die Gebietsreform. Doch immer mehr Thüringer laufen Sturm dagegen.

Der Protest gegen die umstrittene Gebietsreform weitet sich aus. An einer Demonstration am Samstagabend in Heiligenstadt (Kreis Eichsfeld) beteiligten sich Polizeiangaben zufolge 800 Menschen. Die Organisatoren sprachen von 1000. Bei der Kundgebung in der Kreisstadt brachte Landrat Werner Henning (CDU) erneut einen Wechsel seines Kreises nach Niedersachsen ins Spiel. „Der langfristige Wunsch geht seit 200 Jahren stets in Richtung Duderstadt und nach Hannover.“

An diesem Bestreben habe sich für ihn bis heute nichts geändert, erklärte der Landrat laut Redemanuskript. „Da dieses außerhalb einer Länderreform kaum zu erreichen ist, wäre es für uns am besten, wenn das Land unsere derzeitige Verfasstheit unangetastet lassen würde.“ Nach den Plänen des Innenministeriums soll das Eichsfeld mit dem Unstrut-Hainich-Kreis fusionieren. Henning lehnt einen solchen Schritt mit Verweis auf den Schuldenberg des Nachbarkreises ab.

Abspaltungstendenzen auch im Süden

Übertritte in ein anderes Bundesland hatten in der Vergangenheit immer wieder Landkreise in Erwägung gezogen. In Südthüringen sammelt derzeit ein Verein Unterschriften für ein Volksbegehren, um einen Wechsel nach Bayern zu erreichen. Parallel dazu strebt ein anderer Verein ein Volksbegehren gegen die Gebietsreform an. 42.000 gültige Stimmen wurden dafür gesammelt. Landtagspräsident Christian Carius prüft den Antrag seit vergangenem Dienstag.

Rot-Rot-Grün will die Zahl der Landkreis ab 2018 auf acht nahezu halbieren. Nur noch Erfurt und Jena sollen kreisfrei bleiben dürfen. Die Kreise laufen Sturm gegen diese Pläne. Landrat Henning hält es alternativ für denkbar, dass sich alle Eichsfelder Orte und Städte zu einer Großgemeinde zusammenschließen könnten. „Sollte dieses möglich sein, wäre die nächste Frage, ob einer solchen Gemeinde die Kreisfreiheit zugestanden werden würde“, sagte er. Nur dann mache es Sinne, solche Gedanken zu verfolgen.

Laut Henning soll der Kreistag demnächst darüber entscheiden, ob sich der Kreis möglichen Klagen gegen die Reform anschließen wird. Den Klageweg wollen auch andere Landkreise und Kommunen beschreiten. Henning warf Rot-Rot-Grün Realitätsferne vor. Auch die CDU-Fraktion im Landtag lehnt die Reform ab und kündigte Verfassungsklagen an.

Ramelow will Grenzregionen stärken

Sie befürchtet finanzielle Auswirkungen für Städte, sollten sie im Zuge der Reform ihren Kreisstatus verlieren. „Der Verlust des Kreissitzes wird etliche der betroffenen Städte in massive wirtschaftliche Turbulenzen stürzen“, wird Vize-Fraktionschef Michael Heym im aktuellen Fraktionskurier zitiert. Dieser ist am Samstag erschienen und als Anzeige in Thüringer Anzeigenblättern verbreitet worden. „Nicht selten ist das Landratsamt größter Arbeitgeber.“ Am Kreisstatus hingen Einrichtungen wie Krankenhäuser, Polizeiinspektionen oder Amtsgerichte, gab Heym zu bedenken.

Unterdessen will Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) die Regionen an der Landesgrenze weiter stärken. Länderübergreifende Initiativen wie der Harz-Verbund in Nordthüringen oder in Südthüringen mit Bayern zur Stärkung des Tourismus, des Naturschutzes und der Verkehrsverbindungen sollten ausgebaut werden, erklärte eine Sprecherin der Staatskanzlei am Sonntag. Ramelow hatte am Freitag im Landtag gesagt: „Wir werden Konzepte für eine Stärkung der Regionen an der Peripherie vorlegen.“