Die Insolvenz der Geraer Stadtwerke-Holding samt Verkehrsbetrieb vor zwei Jahren gilt als Präzedenzfall in Deutschland. Nun startet Thüringens drittgrößte Stadt im öffentlichen Nahverkehr neu durch.
Von diesem Samstag 0.00 Uhr an rollen die Busse und Straßenbahnen in Gera wieder in Eigenregie der Stadt. Sie übernimmt nicht nur Immobilien, Gleise, Busse und Bahnen, sondern auch die mehr als 200 Mitarbeiter des alten, 2014 in die Insolvenz geschlitterten Verkehrsbetriebs. Dafür zahlt Gera 29,5 Millionen Euro. Am Freitag sei der Kaufvertrag über das Anlagevermögen vollzogen worden, teilte Insolvenzverwalter Michael Jaffé mit. „Die geglückte Sanierung eines solchen Verkehrsbetriebs ist ein Präzedenzfall in Deutschland.“
Der alte Verkehrsbetrieb (GVB) als 100-prozentige Tochter der Geraer Stadtwerke AG war 2014 in den Sog der Stadtwerke-Insolvenz geraten. Seither fuhren Busse und Straßenbahnen in der knapp 100.000 Einwohner zählenden Stadt nur noch als Notmaßnahme. Dabei hat Jaffé das Angebot von jährlich 3,85 auf 3,25 Fahrplankilometer eingedampft und den Zuschussbedarf nach eigenen Angaben von einst mehr als 4 Millionen auf zuletzt 2 bis 2,5 Millionen Euro im Jahr verringert.
30 Millionen-Kredit finanziert die Betriebsmittel der GVB
Für den Neustart hat die Stadt Gera ein neues Unternehmen gegründet, dessen alleiniger Gesellschafter sie ist. Die knapp 30 Millionen Euro für die Betriebsmittel finanziert die Stadt per Kredit. „Heute kann ein von den Lasten der Vergangenheit befreiter Verkehrsbetrieb mit hoher Kosteneffizienz an den Start gehen, der am tatsächlichen Bedarf orientierte Dienstleistungen anbietet“, konstatierte Oberbürgermeisterin Viola Hahn (parteilos). Dieses Verkehrsangebot sei nicht nur für die Bürger, sondern auch für die Stadt bezahlbar.
Die Fahrgäste selbst sollen von dem Wechsel nichts spüren. Am Fahrplan und an den Ticketpreisen ändere sich nichts, hieß es. Das alte Unternehmen soll nun abgewickelt werden. Die Prüfung der angemeldeten Forderungen von Gläubigern dauere an, sagte ein Sprecher Jaffés. Eine Auszahlung könne frühestens im kommenden Jahr erfolgen.