Seine Patientin soll der Psychologe betrunken und mit halb geöffneten Hemd empfangen haben. Die junge Frau war laut Anklage nicht die einzige, die er in der Therapie bedrängte. Vor Gericht spricht er von einem „Kontrollverlust“.
Er soll während der Therapie Patientinnen sexuell bedrängt haben – seit Dienstag steht deswegen ein Psychologe aus Gera vor Gericht. Zum Prozessauftakt hat er jedoch wesentliche Vorwürfe bestritten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm versuchten sexuellen Missbrauch unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses in zwei Fällen vor.
Laut Anklage soll er eine Patientin in einer rund vierstündigen Sitzung mehrfach auf seinen Schoß gezogen, sie an Rücken, Beinen und bedeckter Brust gestreichelt haben. Außerdem habe er ihr gesagt, er wolle sie in der nächsten Therapiestunde „von allen Seiten nehmen“. Eine andere Patientin soll er zu sich bestellt und ihr eine Liebeserklärung gemacht haben. Nachdem er sie weiter bedrängte, sei sie weinend aus der Praxis gerannt.
Diesen Fall räumte der 60-Jährige vor dem Amtsgericht ein, an Details könne er sich aber nicht erinnern. Er sei damals betrunken gewesen und habe einen Kontrollverlust erlitten. Den anderen Fall bestritt er. Es sei vielmehr die junge Frau selbst gewesen, die sich auf seinen Schoß gesetzt und Doktorspiele verlangt habe. Daraufhin sei er laut geworden und habe sie seiner Praxis verwiesen. Sein Anwalt verlangte ein Glaubwürdigkeitsgutachten zu der Zeugin.
Streit um Drogen und Glaubwürdigkeit
Die beiden Frauen sagten am Dienstag unter Ausschluss der Öffentlichkeit aus. Vor dem Verhandlungssaal empörte sich die Betroffene über die Darstellung des 60-Jährigen, der ihr auch Drogenkonsum unterstellte. Eine andere Psychologin, die sie zuvor behandelt und ihr zur Anzeige geraten hatte, erklärte vor Gericht: „Was sie geschildert hat, war für mich immer glaubwürdig.“
Das Gericht will nun prüfen, wie in dem Fall weiter zu verfahren ist und hat die Verhandlung auf den 6. Oktober vertagt. Dann sollen weitere Zeugen gehört werden. Auch das Landesverwaltungsamt interessiert sich für den Fall. Es prüft, ob der Therapeut seine Berufserlaubnis (Approbation) verliert, wie ein Sprecher am Dienstag sagte.
Der Psychologe hat Praxen in Gera und Berlin, ist aber nach eigenen Angaben schon länger arbeitsunfähig krank. So war er wegen starker Alkoholprobleme mehrfach in Behandlung. Vor Gericht muss er sich auch verantworten, weil er sturzbetrunken und ohne Führerschein Auto gefahren ist. Ein Bluttest ergab laut Anklage fast drei Promille.