Veröffentlicht inThüringen

Bekleben und Austauschen: Schabernack mit Schildern

Bekleben und Austauschen: Schabernack mit Schildern

Ortseingangsschild von Drogen
Das Ortseingangsschild von Drogen ist wegen des kuriosen Namens offenbar ein begehrtes Diebstahlgut. Regelmäßig kommt es abhanden und muss ausgetauscht werden. Foto: dpa

Eigentlich sollen Straßenschilder nur den Weg weisen oder vor Gefahren warnen. Doch Witzbolde haben immer wieder Ideen, was man mit den Hinweistafeln noch so alles machen kann.

Fantasievoll bekleben, kurios umbenennen, als Deko umnutzen – in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen ist öffentlichen Schildern zuletzt einiges widerfahren. Ein kleiner Überblick:

Schildertausch:

Bin ich jetzt in Gera oder in Halle? Diese Frage stellte sich im Juli. Unbekannte hatten zeitgleich je ein Ortseingangsschild der beiden Städte geklaut – und in der jeweils anderen hinterlassen. Zunächst wurde der Schildertausch im ostthüringischen Gera entdeckt. Ein Passant hatte das irreführende Ortsschild an der Bundesstraße 92 gesehen und die Polizei informiert. Einen Tag später tauchte das Geraer Pendant in der Saalestadt Halle in Sachsen-Anhalt auf. Polizisten brachten die Schilder wieder an ihre vorgesehenen Plätze. Vorher fotografierten sie sich jedoch jeweils vor ihren Revieren mit dem Schild der anderen. Ermittelt wird trotzdem, wegen Diebstahls.

Schilderklau:

Immer wieder schrauben Leute Ortsschilder ab. Dabei sind Orte mit kuriosem Namen häufiger betroffen als andere. Drogen zum Beispiel im ostthüringischen Kreis Altenburger Land. „Das Schild wird im Schnitt einmal pro Jahr gestohlen, manchmal auch öfter“, sagt Bürgermeisterin Carmen Meister (parteilos). Zweimal schlugen Unbekannte im vergangenen Jahr in Lederhose (Kreis Greiz) zu. „Wenn nur die Tafel verschwunden ist, kostet uns das 100 Euro. Fehlt auch das Gestell, wird es noch teurer“, erzählt Bürgermeister Andreas Weber (parteilos). Und der Saalfelder Polizeisprecher Eddy Krannich weiß: „Ab und zu tauchen Schilder in Wohnungen und Garagen zufällig bei Durchsuchungen auf.“

Schilderkunst:

Wochenlang tauchten immer wieder Aufkleber auf Hinweisschildern in Halle auf: Ein „Vorsicht Bodenwelle“ wurde mit einem Surfer verschönert, ein Fahrrad-Piktogramm bekam eine Rotkäppchen-Silhouette aufgeklebt oder Strichmännchen schauten halbverdeckt aus „Durchfahrt verboten“-Schildern. Die Leute nannten die die unbekannten Kleber „Schilder-Guerilla“. Anfangs fand auch die Stadt die Idee noch lustig, wie Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) dem Sender TV Halle sagte. Jedenfalls bis immer mehr Aufkleber auftauchten. Das Bekleben sei kein Kavaliersdelikt, sondern eine Sachbeschädigung, erklärte die Verwaltung. Anzeige gegen Unbekannt wurde erstattet. Entdeckte Verzierungen werden entfernt. Der Grund: Verdeckt ein Aufkleber die Aussage des Schildes, kann das im Verkehrsalltag gefährlich sein.

Doch kein Schild:

Fast hätte Leipzig 2015 ein besonders exotisches Straßenschild bekommen, jedenfalls wenn es nach dem Satiriker und Politiker Thomas „Kuno“ Kumbernuß (Die Partei) gegangen wäre. Er forderte in einer Petition die Umbenennung einer Straße in „Frau Krause ihre Straße“. Mit Hannelore Krause, laut Kumbernuß als Kellnerin eine Institution der Leipziger Kneipenszene, sollte „eine der einfühlsamsten und warmherzigen Personen des ausgehenden 20. Jahrhunderts“ geehrt werden. Diese überschwänglichen Worte beeindruckten den Petitionsausschuss und danach den Leipziger Stadtrat allerdings nicht. Erstens sei es fraglich, ob es sich bei Frau Krause tatsächlich um eine „verdiente Bürgerin“ handele. Und zweitens sei der Namensvorschlag grammatikalisch fragwürdig.

Schilder-Gag:

Das Schkeuditzer Kreuz an den Autobahnen 9 und 14 zwischen Leipzig und Halle hat Fans. In Leipzig benannte sich eine 2008 gegründete Lesebühne nach dem Knotenpunkt und schrieb ihm unter anderem eine Hymne. Damit nicht genug: Das Team um die Autoren Julius Fischer („Die schönsten Wanderwege der Wanderhure“), André Herrmann („Klassenkampf“) und Franziska Wilhelm („Meine Mutter schwebt im Weltall und Großmutter zieht Furchen“) gibt auch ungewöhnliche Lose für freien Eintritt aus: Wer ein Straßenschild mitbringt, kommt umsonst rein. Das komme drei- bis viermal im Jahr vor, erzählt Herrmann. Entsprechend dekoriert ist die Bühne der Leseabende. Später krönten die Poeten die Idee mit einem neuen Running Gag: Wer ihnen jemals das wuchtige Autobahnschild vom Schkeuditzer Kreuz zu einem Auftritt mitbringt, bekommt lebenslang freien Eintritt.