In drei Wochen ist Schluss, dann verliert der kleine Thüringer Ort Tabarz einen seiner interessanten und einzigartigen Tourismus-Magneten. Der letzte Pfeifen-Mohikaner, Peter Filß, der die weltweit bekannte Traditionsmarke Kallenberg fertigt, muss die Manufaktur verlassen und umziehen. Zwar wird Filß auch künftig weiter Pfeifen bauen, der Charme der Manufaktur mit der originalen Deckenfarbe von 1923 und einem Maschinenpark, der bis 1927 aufgebaut wurde, kann nicht mit in die neue Werkstatt gut 100 Meter entfernt gerettet werden.
Einst war Thüringen eine Hochburg für Tabakpfeifen. Als 1919 „Pfeifenfabrik Heinrich Kallenberg“ im thüringischen Tabarz am Fuße des Inselbergs gegründet wurde, wurde in der ganzen Region gefräst und geschliffen. In den Orten um Ruhla, Schweina und Tabarz lassen sich die Anfänge der Pfeifenmacherei – einst auch Ton- und Meerschaumpfeifen – rund 250 Jahre zurückverfolgen. Filß erklärt, worauf es ankommt, bei einer Tabakpfeife: „Warm und weich muss sie in der Hand liegen“. „Behandelt man sie gut, hält sie ein Leben lang, so wie die eigene Frau“, sagt der gelernte Pfeifenmacher mit Augenzwinkern.
Bildergalerie: So entstehen Pfeifen in Handarbeit
„Pfeifenmacher arbeiten mit Bruyére-Holz, das aus der Mittelmeerregion stammt“, erklärt Filß. „Es muss mindestens zehn Jahre liegen, nachdem die Wurzel der – zu Deutsch – Baumheide ohnehin schon 60 bis 80 Jahre gewachsen ist. Holz trocknet außen schneller als innen, deswegen braucht es die lange Lagerzeit“. Risse könnten entstehen, das Holz würde unbrauchbar für den Pfeifenbau. Pro Exemplar sind 40 Arbeitsgänge zu erledigen, bei Jahrespfeifen und Meisterstücken auch mal mehr. Die S-Klasse der Tabakpfeife sind die sogenannten Freehands. Hier arbeitet der Pfeifenmacher die Form des Kopfes aus dem Holz, lässt sich inspirieren von Maserung und Holzstruktur.
Handschmeichler-Eigenschaften muss sie besitzen, will er sie an den zumeist Sammler bringen. Das „Grain muss mit der Form korrespondieren“, hieße es in der Fachzeitschrift. Maserung und Form müssen harmonisch zusammenspielen. Eine Pfeife ist nicht einfach ein Stück geschnitztes Holz.
In den 1980er-Jahren hat der heutige Inhaber der Pfeifenmacherei sein Handwerk gelernt, beim „Meister“, wie er den bereits verstorbenen Hans Kallenberg nennt. Kallenberg war der Enkel des Gründers der Pfeifenmacherei Heinrich Kallenberg. Das Fabrikgebäude der Bauhaus-Möbelfabrik Kornhaas richtete er dort ein, wo nun der Betrieb eingestellt wird. Bislang genossen sogar Besuchergruppen bei Besichtigungen diese Zeitreise.
Nach einer Pause – Frank Peter Filß wurde unmittelbar nach der Wende Vertriebsleiter einer Bauelementfirma – verwirklicht er sich einen Traum. Den stressigen Job mit vielen Touren deutschlandweit hat er hinter sich gelassen. Seit dem 1. November 2011 hat der Kallenberg-Schüler „entschleunigt“, und seine Träume in Holz geschnitzt. Manches besondere Stück mag er gar nicht verkaufen, besonders dann, wenn es warm und weich in der Hand liegt.