Der Historiker, Autor und Korrespondent Ronald D. Gerste lebt in den USA und ist ein Insider fürs Thema US-Wahlen. Zuletzt erschien von ihm das Buch „Amerikas Präsidentschaftswahlen: Von George Washington bis Donald Trump“. So beobachtet er auch den aktuellen Wahlkampf – und zeigt sich wenig überzeugt von der Performance von Kamala Harris.
+++ Interessant: Kamala Harris steht vor Niederlage – sie verliert wichtigste Wählergruppe +++
In jüngsten Umfragen sieht es nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen ihr und Donald Trump aus – Ausgang völlig offen. Folgt man Gerstes Beobachtungen, stellt sich die Frage, ob die Demokraten ihre Kandidatin vielleicht überschätzen?
Viel heiße Luft? „Orchestrierter Enthusiasmus für Harris“
Erst kurzfristig im Juli wurde Harris „Ersatzkandidatin“ für den greisen Joe Biden bei der US-Wahl 2024. Doch auch vorher stand sie schon als Vizepräsidentin im Rampenlicht – oder besser gesagt: Sie hätte dort stehen müssen. Zahlreiche US-Amerikaner würden sich nämlich immer noch fragen, für was sie eigentlich genau politisch steht.
Im Interview mit „t-online.de“ erinnert Gerste daran, dass es noch nicht lange her sei, dass die renommierte „Washington Post“ Biden sogar empfohlen hat, auf einen neuen Kandidaten für den Vizeposten („Running Mate“) zu setzen. Der Grund: Harris habe als Vizepräsidentin „eine ziemlich schwache Figur“ abgegeben.
Nun aber ist sie selbst plötzlich Präsidentschaftskandidatin geworden. Hochgejubelt von ihrer Partei. Der deutsche Publizist: „Wir haben dann innerhalb kürzester Zeit einen schier unfassbaren und orchestrierten Enthusiasmus für Harris erlebt. Da haben eine Menge Spindoktors ganze Arbeit geleistet.“
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Auftritte im Wahlkampf „nicht gerade ein Ruhmesblatt“
Doch auch diese Kommunikationsexperten im Wahlkampfteam könnten „keine Wunder vollbringen“, so der US-Kenner gegenüber „t-online.de.“ Die ersten öffentlichen Auftritte von Harris als Kandidatin seien „nicht gerade ein Ruhmesblatt und sicher keine Werbung für sie“ gewesen, so sein Urteil. Obwohl sie sich im TV-Duell „recht gut geschlagen“ habe, zeige sie oft Schwächen.
So merke man ihr die „Scheu“ vor Interviews an und Harris flüchte sich bei unangenehmen Fragen schnell in „Politikerphrasen“, analysiert Gerste.