„Kein Tier hat es verdient draußen sterben zu müssen.“ Cindy vom Tierschutzverein Jena und Umgebung ist eigentlich eine lebensfrohe Frau. Als es plötzlich darum geht, warum sie sich ehrenamtlich für den Verein engagiert, wird sie trotzdem nachdenklich.
„Die Tiere müssen ja aber trotzdem versorgt werden, deswegen ist Kastration einfach das wichtigste, um das Tierleid zu verhindern. Es gibt keine andere Möglichkeit“, erklärt die Tierschützerin im Thüringen24-Gespräch. Das ist mittlerweile fast zum Mantra für die Thüringerin aus dem Saale-Holzland-Kreis geworden. Aus gutem Grund. Sie und ihre Kollegen aus dem Jenaer-Verein blicken mehr als ungewissen Zeiten entgegen.
Jenaer Tierschützer geben nicht auf
Es lief schon einmal besser für Cindy, Anna und dem ganzen Team vom Tierschutzverein Jena und Umgebung. Nicht deutlich, aber immerhin. Mittlerweile bekommen auch sie die Nachwirkungen von Corona, Inflation und Co. mehr und mehr zu spüren. Die Sach- und Geldspenden gehen zurück. Immer schwieriger wird es, Tiere an neue Besitzer zu vermitteln. Aufgeben, kommt für die Tierschützer aber nicht infrage.
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Anders als zum Beispiel die Arbeit in Tierheimen findet der Tierschutz vor allem im Privaten statt. Für viele Tiere sind ehrenamtliche Helfer wie Cindy oder Anna praktisch die letzte Chance. Ohne sie verenden sie meistens in der Wildnis oder müssen eingeschläfert werden. Viel Unterstützung bekommt der Verein für seine Arbeit dabei nicht – zumindest nicht von offizieller Hand. Ohne Geld- und Sachspenden wäre jedenfalls vieles nicht möglich. Immer wieder investieren die Mitglieder aber auch ihr eigenes Geld, wenn etwa eine dringende Operation bei einem ihrer Schützlinge nötig ist.
Jena: „Wohin dann damit?“
Das alles kann nicht funktionieren, wenn bei Cindy, Anna und ihren Kolleginnen Juliane sowie Annett nicht die nötige Überzeugung dahintersteckt. Einfach aufgeben kommt für sie aber nicht infrage. Auch wenn dem ganzen Team wohl schwere Zeiten bevorstehen.
„Das Problem ist eben auch, dass wenn wir die Katzen nicht adäquat unterbringen können in ein neues Zuhause, können wir auch keine mehr nehmen. Wir sind nämlich beide voll“, erklärt Cindy. „Und die Herbstkitten sind im Anmarsch. Wohin dann damit?“
„Das Nächste ist dann auch, dass die Kitten, die wir im Frühjahr aufgenommen haben, jetzt kastrationsfähig sind“, ergänzt Anna. „Und es muss kastriert werden, das sind dann ja auch wieder Kosten, die auf den Verein zukommen. Wenn bei Cindy zwölf Kitten zu kastrieren sind, wissen wir, wo wir am Ende herauskommen.“
„Da fällt ihnen die Kinnlade herunter“
Es ist eine beunruhigende Gemengelage, in die sich die Tierschützer in diesem Herbst hineinbegeben. Einmal schlug der befürchtete Corona-Effekt mit voller Wucht zu: Etliche neue Tierbesitzer finden auf einmal keine Zeit mehr für ihre Schützlinge und geben sie ab oder setzen sie im schlimmsten Fall einfach aus. Dann gibt es dank der derzeitigen wirtschaftlichen Krisenjahre immer weniger Familien, die sich vorstellen können, Tiere bei sich aufzunehmen. Die Vermittlung stockt – und die Streuner verschwinden ja auch nicht über Nacht. Noch ist alles mit viel Herzblut gerade noch so zu packen. Aber wie lange?
„Vielleicht schreckt es die Leute auch ein bisschen ab, wenn ich sage, es sind 90 Euro Vermittlungsgebühr“, überlegt Anna. „Da fällt ihnen immer erst einmal die Kinnlade herunter. Aber ich sage: Die sind fertig, die sind geimpft, die sind gechipt, die sind kastriert. Da wären wir am Ende eigentlich locker bei 400 bis 500 Euro.“
„Dann können wir nicht mehr weitermachen“
Für die beiden Tierschützerinnen bleibt derzeit nicht viel mehr, als auf Vermittlungen zu hoffen. An ihren Schützlingen – da sind sich beide sicher – liegt die Vermittlungsflaute jedenfalls nicht. Wie viel Liebe sie zu geben haben, demonstrierten sie auch schnell gegenüber unserem Thüringen24-Reporter.
An den gegenteiligen Fall wollen die Tierschützer kaum denken. „Was machen wir dann, wenn wir sie nicht mehr loswerden?“, überlegt Cindy. „Dann können wir nicht mehr weitermachen. Was machen wir dann mit denen, die noch da draußen sind? Wo wir das Elend sehen, aber nichts mehr dafür tun können?“
Cindy selbst betreut derzeit auf ihrem Hof Freienorla mehrere dutzend Katzen. Zusammen mit ihrer Familie hat sie dafür sogar eine Scheune komplett renoviert, in mehreren Räumen in ihrem Wohnhaus wuseln und toben die Samtpfoten umher. Anna lebt derzeit mit ihrer Familie in Kahla und betreut mehrere Katzen in einem Einfamilienhaus. Derzeit zählen dazu auch drei blinde Kitten, die ihre Augen an den Herpesvirus verloren haben (hier erfährst du mehr).
Mehr News:
Mehr Infos über die Arbeit des Tierschutzvereins Jena und Umgebung findest du auf der Facebook-Seite des Vereins sowie auf der Homepage (hier geht es weiter).