Sozialarbeiter: „Es gibt hier alle Drogen, die auf dem Markt sind“
Beratungsstellen informieren am Drogentotengedenktag in Jena über die Gefahren von Suchtstoffen und der damit oft einhergehenden HIV-Gefahr
Drogenproblematik bleibt in Jena meist verborgen
Es ist ein Tabuthema, über das sowohl in Jena als auch in anderen Orten in Deutschland nur selten gesprochen wird. Wo es keine offene Drogenszene, wie etwa in Berlin, Hamburg oder anderen Großstädten, gibt, wird das Problem meist totgeschwiegen.
Jedes Jahr sterben mehr und mehr an Menschen an Drogenkonsum. 2016 waren es in ganz Deutschland 1333. In Thüringen starben durch den Konsum von Drogen 2015 alleine 25 Menschen. Im Vorjahr ist die Zahl wieder auf zwölf gesunken. Angesichts des bundesweiten Anstiegs ist das aber keine Entwarnung.
Drogenkonsum steigt in Jena
In Jena gedachte man am Freitagmittag den Menschen, die durch Drogen ihr Leben verloren haben. Neben der „Hilfe zur Selbsthilfe“, die in Lobeda sei Anfang des Jahres ein niedrigschwelliges Angebot mit einem Kontakt-Café anbietet, waren auch die Suchthilfe in Thüringen (SiT) und die Aids-Hilfe mit Infoständen am Faulloch vertreten.
„Der Konsum steigt und in Jena gibt es alles, was es auf dem Markt gibt“, warnt Sozialarbeiter Marco Lohwasser vom Projekt „Hilfe zur Selbsthilfe“. Dies sei aber noch lange kein Grund gegen die Dealer vorzugehen. So werde das Problem nur von Stadtteil zu Stadtteil verlagert. In Jena war dieses Phänomen zuletzt zu beobachten, als die Polizei in Lobeda massiv vorging und sich nun viele Dealer im Paradiespark niedergelassen haben. Lohwasser wünscht sich statt repressiver Maßnahmen mehr Aufklärung in den Schulen und mehr Angebote für bereits Abhängige.
Crystal Meth in Thüringen weit verbreitet
Bei der SiT konzentriert man sich vor allem auf hochschwellige Angebote wie Präventionskurse oder etwa ambulante Rehabilitationen für Abhängigkeitskranke. Dort hat man wahrgenommen: statt Heroin wird heute Crystal konsumiert. Neben Cannabis ist es die am weitesten verbreiteten Drogen in Thüringen.
HIV-Risiko extrem hoch auf Drogen-Sex-Partys
Vor noch ganz anderen Drogen warnt Katrin Heinrich von der Aids-Hilfe. Denn HIV kann man nicht nur durch kontaminierte Spritzen bekommen. „Drogen können zu einem anderen Sexualverhalten führen“, sagt die Expertin und meint damit nicht etwa Alkohol. GHB/GBL, auch bekannt als Liquid Ecstasy, seien im Kommen. Die Droge wirkt aufputschend und führt zu sexueller Erregung – bei höherer Dosierung zu Müdigkeit.
Auf sogenannten Chemsex-Partys, die es zuerst in London in der Schwulen-Szene gab und inzwischen in Deutschland auch unter Heterosexuellen gefeiert werden, ist die Ansteckungsgefahr mit HIV sehr hoch. Schnell werde dort im Drogenrausch das schützende Kondom vergessen, sagt die Expertin. Auf den Chemsex-Partys kommt es meist zum Gruppensex, was die Ansteckungsgefahr noch größer macht.
Probleme mit Drogen? An diese Stellen könnt ihr euch in Jena wenden: