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Der Reiz der Veränderung – Frauenpower der nächsten Generation

Der Reiz der Veränderung – Frauenpower der nächsten Generation

In der Firma Liebscher
So sah es zur Gründungszeit in den Büroräumen der Firma Liebscher nicht aus. Foto: Marcel Köhler
Das Jenaer Familienunternehmen Liebscher besteht schon seit sechs Jahrzehnten. Jetzt geht die Leitung in die dritte Generation über.

Frau, Mutter und Unternehmerin – für Nadine Reinhold ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf keine blanke Theorie. Die 41-Jährige hat nicht nur einen Sohn und eine Tochter, sondern ist auch Geschäftsführerin der Jenaer Firma Liebscher, die gerade ihr 60-jähriges Bestehen gefeiert hat. Mit ihr geht das Familienunternehmen in die Hand der dritten Generation über.

„Noch habe ich die Leitung zusammen mit meiner Mutter inne“, sagt sie. Bis Anfang 2018 soll das auch noch so sein. Dann geht ihre Mutter Barbara Fröbe-Höntzsch in Rente. Die gemeinsame Arbeit funktioniert nicht immer ganz reibungslos. „Eigentlich hat jeder seinen Kompetenzbereich, trotzdem fliegen schon mal die Fetzen“, erzählt Reinhold mit einem Schmunzeln. „Wir vertragen uns aber auch schnell wieder.“

Opa entwarf das FCC-Emblem

Mutter Barbara Fröbe-Höntzsch hat die Firma in den 1990er-Jahren von ihrem Vater Werner Liebscher übernommen. Der hatte ursprünglich bei Carl-Zeiss in der Werbeabteilung gearbeitet. 1955 machte er sich ganz allmählich als freischaffender Grafiker selbstständig. „Ein genaues Datum gibt es nicht“, sagt Reinhold, weshalb das Jubiläum erst in diesem Jahr gefeiert wurde. Die Verbindung zu Zeiss blieb aber bestehen. So entwarf ihr Opa zum Beispiel das Emblem für den FC Carl Zeiss.

Erfolg ist Veränderung

Seit der Gründung des Unternehmens hat sich viel geändert. Damals wurden für ein Layout noch Bilder und Textstücke auf ein Papier geklebt. Schriften wurden abfotografiert und die Fotos im eigenen Labor entwickelt. Heute geht nichts mehr ohne Computer. „Wichtig ist, dass man nicht auf der Stelle stehen bleibt, sondern sich weiterentwickelt und sich beständig an den Markt passt“, sagt Reinhold. So habe es ihr Opa schon gesehen. „Nach der Wende ist er sofort in den Westen gefahren und hat sich ein Macintosh-Rechner von Apple gekauft“, erzählt sie. „Da war er schön über 60 Jahre alt.“

Auch jetzt steckt die Firma wieder mitten in einer großen Veränderung. Die Digitalisierung hat das Unternehmen fest im Griff. „Marketing ist nicht mehr dasselbe wie noch vor ein paar Jahren. Der Erfolg von digitalen Kampagnen ist zum Beispiel viel besser messbar, als dass das bei einem Plakat je möglich war“, sagt die Unternehmerin.

Auch die Zielgruppe lasse sich nun genauer identifizieren und ansprechen. „Denken sie an Millionäre, die über 60 Jahre alt sind und in Großbritannien leben. Zu dieser Gruppe gehören Prinz Charles, Paul McCartney und Ozzy Osbourne“, nennt sie Beispiele. Oberflächlich betrachtet zählen zwar alle drei zur selben Gruppe, näher betrachtet müsse man sie aber unterschiedlich ansprechen, um Erfolg zu haben.

Die Hängematte kann warten

So schnelllebig die technische Entwicklung ist, so getrieben Nadine Reinhold selbst. „Ich bin sehr begeisterungsfähig und möchte immer dazulernen.“ Entsprechend ist es für sie unvorstellbar, irgendwann nicht mehr zu arbeiten und stattdessen in der Hängematte zu liegen. „Ich möchte später lieber als Keynote-Speaker arbeiten und meine Expertise weitergeben“, sagt sie. So hat sie auch die Idee, mittelfristig eine Schule zu gründen, in der Unternehmer wichtige Kenntnisse für die Leitung einer Firma lernen. Als Mentorin war sie bereits tätig, denn vom Bund wurde sie zur Vorbild-Unternehmerin ernannt. Als solche soll sie Frauen in Führungsposition in Thüringen stärken, zur Selbstständigkeit ermuntern und zeigen, dass Unternehmerin auch ein Karriereweg sein kann.

Ab einem gewissen Alter möchte sie die Leitung der Firma aber trotzdem abgeben. „Ich habe den Traum, dass ich irgendwann auf dem Balkon stehe und meine Tochter im weißen Kleid ins Büro kommt, um das Unternehmen zu leiten.“ Aber bis dahin ist noch viel Zeit.