„Eigentlich geht’s noch“, konstatiert die Erfurter Polizei-Chefin Heike Langguth, als sie die diesjährige Unfallstatistik für die Landeshauptstadt vorstellt. Der Blick auf die konkreten Zahlen sieht aber deprimierend aus. Im Jahr 2023 sind die Unfallzahlen in Erfurt zum dritten Mal in Folge nach oben gegangen.
Solltest du dich also in letzter Zeit bei dem Gedanken erwischt haben, dass es immer chaotischer zugeht auf Erfurts Straßen, trügt der Schein dich nicht unbedingt. Die Polizei-Chefin wurde in der Pressekonferenz vom Dienstag (30. April) mehr als deutlich.
Erfurt: Deprimierende Unfall-Statistik
„Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht“, erklärte Langguth gleich zu Beginn der Vorstellung, „mir geht’s immer so, dass ich finde, irgendwie fahren die alle katastrophal. Vielleicht macht man das ja auch selbst und merkt es gar nicht. Aber wenn eine rote Ampel keine Begrenzung mehr ist, dann läuft irgendwas falsch im Leben.“
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Harte worte von der Erfurter Polizei-Chefin, die aber nicht von ungefähr kommen. Jeden Tag sehen sie und ihre Kollegen sich mit einer Vielzahl von Verkehrsunfällen konfrontiert. In konkreten Zahlen: 2023 gab es in Erfurt und Umgebung insgesamt 6.584 Unfälle, 67 mehr als im Vorjahr. Immerhin vom Vor-Corona-Niveau 2019 (7.183 Unfälle) sind wir noch ein Stück entfernt. Die Tendenz ist aber beunruhigend. Und zumindest anekdotisch können die Beamten bestätigen, dass es auf den Erfurter Straßen gefährlicher geworden ist.
Polizei-Chefin sieht höheres Aggressionspotenzial
„Mich ärgert das sehr“, so Langguth. „Auch das rücksichtslose Verhalten. Und dadurch das Erfurt ja so eine wunderschöne Baustellenstadt geworden ist, sodass man selbst als Insider nicht mehr weiß, wo komme ich heute lang, ist das Aggressionspotenzial noch ein bisschen höher geworden.“
Tragischer Teil der Statistik: Auch die Zahl der Unfälle mit getöteten Personen ist im vergangenen Jahr nach oben gegangen. Sie hat sich von sechs auf zwölf sogar verdoppelt. „Das ist so ein Anstieg, den wir so im Detail nicht erklären können“, kommentiert die Erfurter Polizei-Chefin. „Wir haben dann im Herbst des vorherigen Jahres gesagt: ‚Um Gottes Willen, hoffentlich passiert nicht noch mehr!‘“
„Das waren sehr viele tödliche Unfälle. Und hinter jedem einzelnem Toten steckt natürlich eine große Tragik, die für die Familien und Angehörigen daraus erwächst.“
Heike Langguth, Chefin der LPI Erfurt
Oftmals lassen sich solche Tragödien vermeiden, einfach indem sich alle an die Regeln halten. Umso ärgerlicher ist es dann zu lesen, dass im letzten Jahr auch die Unfälle unter Drogeneinwirkung stark zugenommen haben. Sie sprangen von 18 auf 27. Immerhin die Unfälle unter Alkoholeinwirkungen gingen leicht zurück von 104 auf 96.
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Insgesamt also eine ernüchternde Bilanz für die Landeshauptstadt. Langguth versucht sich an einer Erklärung. „Es gibt viele Ursachen, warum das so ist, und ich glaube eine Ursache liegt auch an unserem gesellschaftlichen Kontext, an unserem Umgang miteinander. Es wirkt mittlerweile fast so, als ob jeder für sich alleine wichtig ist.“