Erfurt.
In vielerlei Hinsicht ist es ein Gebäude, wie jedes andere auch. Es braucht ein Fundament, Gas- und Wasseranschlüsse, einen Rohbau, Putz und Baugenehmigungen. Der Moschee-Neubau in Marbach bei Erfurt scheint aber auch viel mehr zu sein.
Für ihn musste eine kleine Glaubensgemeinschaft im Freistaat mehr als zehn Jahre kämpfen. Im Herbst dieses Jahres soll die Erfurter Moschee endlich stehen. Ihre Geschichte ist eine von Protesten, von Hass, bockenden Behörden aber auch die einer Glaubensgemeinschaft, die sich einfach nicht hat unterkriegen lassen.
Erfurt: Moscheeneubau seit etwa 12 Jahren in Planung
Thüringen24 sprach mit dem Mann, der über die Jahre alles zusammen- und auf Kurs gehalten hat. Mohammad Suleman Malik von der Ahmadiyya Gemeinde. Mehr als 20 Jahre lebt er jetzt schon in Erfurt. Er ist stellvertretender Ortsteilbürgermeister in Erfurt-Rieth, arbeitet als Personalberater und wurde in Pakistan geboren.
„Ich habe immer wieder gesagt, eine Moschee zu bauen ist so, als würde man ein Atomkraftwerk bauen. Es gibt so viele Hürden, die man überwinden muss“, sagte Malik. „Wer will denn schon eine Moschee dastehen haben?“
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Alles in allem, schätzt Malik, ist das Gotteshaus seit etwa zwölf Jahren in Planung.
Großer Protest um den Moscheeneubau in Erfurt
Die Protestaktionen – legal wie illegal – gingen damals auch bundesweit durch die Medien. 2017 hatten Unbekannte Tierkadaver (es waren Schweine) auf dem Grundstück verteilt. Wohl zur Abschreckung.
Ebenfalls 2017 ragten große Holzkreuze auf einem Nachbargrundstück, die von dem Verein „Bürger für Erfurt“ aufgestellt wurden. Noch heute sind die Bilder von der Aktion auf der Facebook-Seite des Vereins zu sehen.
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„Es gab viele Versuche, diese Moschee zu verhindern“, erinnert sich Malik. „Man hat auch eine Petition im Landtag eingereicht.“ Diese sammelte damals über 1.500 Unterschriften und wurde im Landtag diskutiert. Im Ausschuss wurde ihr aber – auch mit dem Verweis auf die Religionsausübungsfreiheit – nicht entsprochen.
Schwierige Suche nach Grundstück für die Moschee in Erfurt
Allein ein passendes Grundstück zu finden, stellte die Glaubensgemeinschaft vor eine echte Herausforderung. „Ich wurde oft gefragt, warum baut ihr jetzt in Marbach und nicht woanders“, erzählt Malik.
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„Wir haben uns das aber nicht ausgesucht, da gab’s viele Absagen. Man könnte stundenlang darüber reden.“
2018 erfolgte die Grundstückslegung bei Erfurt
Bis der Bauantrag dann unter Dach und Fach war, dauerte es weitere drei Jahre. 2018 war dann die Grundsteinlegung. An sich sollte der Bau nur etwa ein Jahr dauern. Am Ende sind es über vier geworden.
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„Es gab Firmen, die bestimmte Baumaterialen nicht zustellen wollten, weil sie Angst hatten, angegriffen zu werden“, erinnert sich Malik. Er schildert von Aktionen, bei denen Unbekannte Nummernschilder von Baustellenfahrzeugen abfotografiert hatten, um sie dann auf sozialen Medien zu teilen. Dann machten auch an sich interessierte Unternehmen plötzlich einen Rückzieher. „Man hat die Ängste der Menschen ausgenutzt“, so Malik.
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So zögerte sich alles raus und es dauerte Jahre, bis schließlich der Trockenbau stand, bis die Kuppel montiert und das Minarett aufgestellt werden konnte. Im Herbst soll er fertig sein. Der erste Moscheeneubau in den neuen Bundesländern – Berlin einmal ausgenommen. (bp)