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Erfurt: Bashing im Amtsblatt! Pressesprecher geht Bürgerin an, weil sie ihren Mund aufmacht – das heizt den Streit nochmal richtig an

Erfurt: Bashing im Amtsblatt! Pressesprecher geht Bürgerin an, weil sie ihren Mund aufmacht – das heizt den Streit nochmal richtig an

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Foto: Michael Frömmert
  • Streit um Steine in Allerheiligenstraße geht weiter
  • „Zwischenruf“ aus dem Amtsblatt übt Kritik an Petition
  • Stadtsprecher bekommt online sein Fett weg

Erfurt. 

Dieser „Zwischenruf“ aus dem Rathaus schießt über sein Ziel hinaus – das meinen jedenfalls offenbar viele Erfurter.

In der neuen Rubrik im Amtsblatt hatte Daniel Baumbach, Pressesprecher der Stadt Erfurt, Franziska Bracharz, stadtbekannte Kinderstadtführerin, scharf kritisiert – weil sie wiederum zuvor eine Petition gegen die städtischen Pläne gestartet hatte, die Allerheiligenstraße in der Altstadt zu sanieren und auszubauen.

Stein-Streit in Erfurt geht in die nächste Runde

„Rund 200 Jahre alte Pflastersteine, welche Identität der wohl wichtigsten Straße Europas, der Via Regia in alter Zeit in Erfurt bilden, sollen für immer verschwinden“, hieß es in dem Aufruf.

Die Aktion stieß dem Stadt-Sprecher offensichtlich auf und er nutzte die neue Rubrik „Zwischenruf“ im Erfurter Amtsblatt für einen scharfen Konter. Wo sie denn damals gewesen sei, als vor zwei Jahren die Pläne auslagen, fragt er Franziska: „Warum erfolgt Ihr Aufschrei bei Facebook erst so spät?“

Allerheiligenstraße – die allerheiligste Straße Erfurts?!

„Erst kurz vor Ultimo, als die Baumaschinen praktisch schon warm liefen, kamen Sie in die Puschen“, so Baumbach. Zumal Franziskas Vorschlag, das alte Basaltpflaster wieder einzubauen, auch nicht funktioniere: Ein Großteil der Steine auf der Allerheiligenstraße sei „so ausgelatscht“, dass das Pflaster ersetzt werden müsse.

Franziska ihrerseits antwortet bei Facebook: „Grüße an Daniel Baumbach: Brennt so die Luft bei euch, dass es für einen persönlichen Brief durchs Amtsblatt an mich gerettet werden soll?“ Gleichzeitig stellt sie der Stadt Erfurt einige Gegenfragen – die bisher öffentlich noch nicht beantwortet wurden.

Diskussion bei Facebook entbrannt

So oder so: Die Aussagen im offiziellen Amtsblatt haben wiederum ein lautes Echo hervorgerufen. Auf Franziskas Facebook-Seite wird seit Tagen heiß diskutiert. Vor allem bekommt der Autor sein fett weg:

  • „Immer wenn man denkt, lächerlicher kann es von Seiten der Stadt nicht werden, wird noch einer draufgesetzt. So ein Beitrag des Pressesprechers im Amtsblatt, der deutlich persönlich gehalten ist, zeigt ziemlich klar, wie man dort tickt.“ (Micha)
  • „In der Politik lernt man eines sehr schnell, sich alles so zu drehen, wie man es braucht und die Medien als Werkzeug zunutzen…“ (Robert)
  • „Ich weiß ja nicht ob man auf so einem Niveau repräsentative Texte für die Stadt schreiben sollte. Liest das auch mal jemand gegen, bevor es in den Druck geht? Ich mein, so kann man vielleicht reden, wenn man das 5. Bier oder die 2. Flasche Rotwein hinter sich hat, aber öffentlich in Textform…“ (Christopher)
  • „Daniel Baumbach, Die Kommunikation der Stadt Erfurt, inklusive der Ihrigen, Richtung Bürger*innen ist wahrlich vom Feinsten. Das Amtsblatt als Pranger, das muß man – wir schreiben das Jahr 2019 und wir leben in einer Demokratie und nicht im Feudalismus –erst einmal hinbekommen. Chapeau!“ (Judith)
  • „Neuer Tiefpunkt. Jetzt dient das Amtsblatt schon als Propaganda gegen die Bürgerinnen und Bürger… Kannst du dir nicht ausdenken!“ (Frederic)

Es gibt aber auch einige wenige Stimmen, die es anders sehen:

  • „Man kann über den Stil der Stadt streiten, aber die Argumente sind nicht von der Hand zu weisen. F.B. IHR Argument ist „nur“ die Optik. Das Pflaster in Verbindung zu bringen mit der Via Regia ist ja nunmal nach hinten losgegangen.
    Letztendlich glaube ich, dass man es Ihnen nicht recht machen kann.“ (Felix)
  • „Wenn nun alle so aufmerksam das Amtsblatt lesen, frage ich mich, warum sie das nicht schon früher gemacht haben. Als interessierter und engagierter Bürger hätte man so ziemlich genau vor einem Jahr die Einladung zum Informationsabend zur Umbaumaßnahme der Allerheiligenstraße lesen können und daran teilnehmen können. Aber es ist in der heutigen Zeit ja leichter, hinterher laut zu schreien und zu polarisieren, als sich aktiv an demokratischen Planungsprozessen zu beteiligen.“ (Ronald)
  • „Ey Leute… Was für ein Ego-Gerangel… Könnten sich nicht mal einfach alle an einen Tisch setzen und miteinander kommunizieren? Das ist ja furchtbar von beiden Seiten.“ (Andreas)

Der FDP in Erfurt geht der „Zwischenruf“ zu weit. Die Liberalen erwägen sogar rechtliche Schritte gegen Daniel Baumbach und verweisen in der „Thüringischen Allgemeinen“ auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs über journalistische Beiträge in Amtsblättern Ende 2018.

FDP Erfurt prüft rechtliche Schritte

„Daniel Baumbach scheint es nicht nur zu ignorieren, sondern es drauf anzulegen, das Amtsblatt als Presseorgan zu nutzen. Wir als FDP Erfurt werden prüfen, welche rechtlichen Möglichkeiten wir haben, diese Missachtung des BGH zu unterbinden.“

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Franziska – die das Ganze mit ihrer Petition ins Rollen gebracht hatte, schlägt dagegen inzwischen versöhnliche Töne an: „Ich mag Daniel Baumbach trotzdem noch! Alternative Kommunikationstrategien sind großartig! Ich war nur kurz geschockt“, schreibt sie. (ck)