Schöne neue Arbeitswelt? Wie Thüringen bei Fachkräften punktet
Für Unternehmen in Thüringen wird es schwerer, gute Fachkräfte zu finden. Bewerber sind wählerischer geworden, theoretisch steht ihnen die ganze Welt offen. Auch auf dem Erfurter Wirtschaftskongress erwicon ist der Wandel in der Arbeitswelt Thema. Thüringen24 hat vorab mit Norman Lepach, Geschäftsführer der Erfurter Personalberatung Persoperm, gesprochen und erfahren, womit Thüringen im Wettbewerb um Fachkräfte punkten kann.
„Wir haben uns definitiv zu einem Bewerbermarkt entwickelt“, analysiert Lepach die Lage in Thüringen. In der aktuellen Situation haben Arbeitnehmer in Berufsverhandlungen also mehr Macht als je zuvor. Zwar bedeute das nicht, dass sie alles entscheiden können, aber sie sind sehr gut informiert und prüfen genau, wenn es um Unternehmen geht. Zu Zeiten der Finanzkrise 2008 sei das noch ganz anders gewesen, sagt der Personalexperte. Für die Unternehmen in Thüringen ist es deshalb schwerer geworden, an potenzielle Bewerber heranzukommen. Während früher noch eine Anzeige in der Tageszeitung ausreichte, gibt es heute eine Vielzahl von Online-Portalen, auf denen Jobsuchende unterwegs sind. „Die Firmen müssen die Leute dort abholen, wo sie gerade sind“, fasst Norman Lepach zusammen und spielt dabei zum Beispiel auf Fach-Medien, Personalvermittler oder Headhunter an.
Thüringen steht in weltweiter Konkurrenz
Neben einzelnen Unternehmen stehen auch Städte und Regionen im Wettbewerb um gute Fachkräfte. So konkurriert Thüringen als Ort zum Arbeiten und Leben mit anderen Bundesländern und sogar mit Städten auf dem ganzen Globus. „Wir haben als Bundesland eine gewisse Attraktivität und das ist die Karte, die man ausspielen kann und auch muss“, erklärt Norman Lepach. Für ihn sind die Thüringer selbst einer der Pluspunkte für den Freistaat auf dem Bewerbermarkt. „Die Mentalität, die wir Thüringer mitbringen, ist durchaus offen und herzlich. Viele Arbeitnehmer schätzen es, dass wir ehrlich kommunizieren.“
Zentrale Lage als Vorteil
Auch mit der zentralen Lage in der Mitte Deutschlands kann Thüringen punkten. Zwar bietet der Flughafen Erfurt-Weimar nur eine kleine Auswahl an Verbindungen, dafür kommen Reisende durch den ICE-Knoten schnell von Erfurt aus in alle Richtungen – und zurück. Ein anderer, ganz persönlicher Grund, warum Menschen in Thüringen arbeiten wollen, sind Familienbande. „Wenn Eltern und Großeltern hier in Thüringen sind, kommen viele nach einer Zeit im Ausland oder in anderen Teilen Deutschlands gerne hierher zurück, wenn hier auch eine Chance da ist“, sagt Lepach.
Regionale Unternehmen innovativ und erfolgreich
Eine solche Chance ergebe sich mittlerweile immer häufiger, da der logistisch attraktive Standort Thüringen immer mehr Unternehmen anlocke: „Die Thüringer posaunen das nicht so heraus, aber wir haben hier viele Unternehmen, die Innovationen bereithalten und erfolgreich sind.“ Am Bekanntheitsgrad müsse der Freistaat noch arbeiten, so Lepach, aber vor allem die Städte Erfurt, Weimar und Jena hätten strukturell und kulturell alles, was Bewerber schätzen.
Lohngefälle zwischen Ost und West nimmt ab
Dementsprechend biete das Abwandern – zum Beispiel in die alten Bundesländer – für Arbeitnehmer nicht mehr so viele Vorteile gegenüber dem Arbeitsmarkt in Thüringen. Auch dass im Osten Deutschlands schlechtere Löhne gezahlt werden, sei nicht mehr an der Tagesordnung. „Je spezialisierter der Bewerber ist und die Anforderung an ihn, umso weniger klafft der Unterschied auseinander“, berichtet Norman Lepach.
Trend zur Teilzeitarbeit
Neben dem Geld sind für Bewerber auch viele andere Faktoren wichtig beim Wechsel in einen neuen Job. So geht der Trend nach Ansicht des Personalfachmanns dahin, dass viele Arbeitnehmer nicht mehr Vollzeit arbeiten, sondern lieber mehr Zeit mit der Familie verbringen wollen. Und im schönen Thüringen lebt es sich auch mit einem Teilzeit-Job sehr gut.
Der Wirtschaftskongress erwicon findet am 1. Juni 2017 in der Erfurter Multifunktionsarena statt. Thüringen24 ist als offizieller Partner mit einem Stand vertreten.