Knüppelharter Export: Thüringer Bands erobern die internationale Metal-Szene
Thüringen und Export, da denken viele an Bratwürste oder Autoteile, an optische Geräte und Weihnachtskugeln, die massenhaft in die USA verkauft werden. Aber Musik? Gibt es denn außer dem Erfurter Sänger Clueso noch andere Musik, die die Grenzen des Freistaates verlässt?
Belgien, Dessel. Freitag, 17. Juni, 16.40 Uhr. Rund 110.000 Langhaarige und Freaks, junge und alte Metal-Fans, Zahnärzte und Rechtsanwälte, Reinigungskräfte und Imbissverkäufer, Teenies, Rollstuhl- und Lkw-Fahrer haben sich eine Karte für Belgiens größtes Festival gekauft, das Graspop Metal Meeting (GMM). Sie harren gemeinsam vor der Hauptbühne 2, lassen sich vom belgischen Moderator einheizen, schlagen ihre Hände in der Luft zusammen, skandieren „Heaven Shall Burn, Heaven Shall Burn“. Und sie warten: auf ein paar Jungs aus Saalfeld. Die Südthüringer sind tatsächlich ein „Exportschlager“, ein Wort das dringend überdacht werden sollte. Im Herbst stehen für die Trikot-Sponsoren von Carl Zeiss Jena Konzerte in Österreich und der Schweiz an.
Und es gibt gleich eine Reihe Thüringer Metal-Bands, die es geschafft haben, weit über die Grenzen des Freistaats hinaus Bekanntheit zu erlangen. Und das mit Klängen, die die Großelterngeneration kaum als Musik anerkennen würde. Deftige Riffs und derber Gesang in vielen Variationen, laut, hart, aber mit Leib und Seele.
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Am gleichen Wochenende in Nantes, beim größten französischen Metal-Festival, steht eine weitere Thüringer Formation auf der Bühne: The Vision Bleak. Dorthin pilgern immerhin 80.000 Besucher und auch hier werden die Musiker um Sänger Tobias Schönemann mit einer fantastischen Stimmung gefeiert. „Das Hellfest in Nantes Frankreich ist atemberaubend! Wir haben einige Festivals spielen dürfen, aber keines wird mit so viel Liebe ausgeführt und ausgestattet. Die Kulissen sind Hammer, das Billing an Bands war das ‚Who is Who‘ des Metal und die Musiker werden sehr gut betreut, was leider nicht selbstverständlich ist“, resümiert er.
Das aber bleibt für den Tabarzer Musiker kein einzelner Ausflug. Im Herbst steht eine Tournee durch Europa an: Österreich, Schweiz, England, Spanien, Norwegen, Tschechien, Portugal. Dort werden die Thüringer spielen.
Noch nicht ganz so weit oben stehen Décembre Noir, ebenfalls mit düsterer Musik handmade in Thüringen. Auf dem Wave Gotik Treffen in Leipzig haben sie schon gespielt, ebenfalls auf dem „In Flammen“, dem „Headache Inside“ und dem „RAW-Rock Is Law“. In dieser Woche stehen sie zur Primetime beim Party.San auf der Bühne (Freitag, 20.15 Uhr, Tentstage). „Wir proben jede Woche fleißig, um dort einen guten Gig abzuliefern. Bisher unser größtes Festival mit Besuchern aus mehr als 17 Ländern.“ Auch in Südamerika haben sich die Erfurter mit Hilfe ihres letzten Albums bereits eine feste Fan-Base erspielt. „Für den Gig auf dem Party.San haben wir auch eine schöne Überraschung geplant“, sagt Gitarrist Martin Ortlepp, ohne verraten zu wollen, um was es sich dabei handelt.
Termine
The Vision Bleak: 20.8. Barther Metal Open Air; 13.10 Berlin Astra; 14.10. Posthalle Würzburg; 15.10. Hellraiser Leipzig; 16.10. Meet Factory Prag; 17.10. Szene Wien; 19.10. Rockfabrik Ludwigsburg; 20.10. Backstage München; 21.10. Les Docks, Lausanne; 22.10. Vaudeville Lindau; 23.10. Turock Essen; 24.10. Underworld London; 25.10. Salde Rooms Wolverhampton; 26.10. The Fleece Bristol; 27.10. Petit Bain Paris; 28.10. Razzmatazz 2 Barcelona; 29.10. Changó Madrid; 30.10. RCA Club Lissabon
Heaven Shall Burn: 16.9. Kesselhaus in der Kulturbrauerei Berlin; 23.9. Szene Wien; 24.9. Kiff Aarau, Schweiz