Die Gloriosa hat am Donnerstag Geburtstag! Oder doch erst am Freitag? Über den genauen Tag des Jubiläums von Erfurts berühmter Dom-Glocke scheiden sich die Geister. Denn gegossen wurde sie, so ist es überliefert, in der Nacht vom 7. zum 8. Juli 1497 auf dem Erfurter Domberg.
Erfurts ganzer Stolz
So oder so wird die Gloriosa in diesem Jahr 519 und verdient sich auch durch ihr stolzes Alter einen Titel der Superlative: Sie ist die größte frei schwingende, mittelalterliche Glocke der Welt. Wenn sie läutet, bewegt sich trotz des stolzen Gewichtes von mehr als elf Tonnen ihr gesamter Körper statt nur der Klöppel. Zwar gibt es Glocken, die die 2,67 Meter Höhe und 2,50 Meter Durchmesser der Gloriosa toppen können. Die sind aber, wie zum Beispiel die größte Glocke des Kölner Doms, deutlich jünger. „Wir Erfurter sind ganz stolz auf die Gloriosa“, sagt Silke Rietz-Kramer, die als Urlaubsvertretung für Glockenwart Uwe Kramer Besucher durch den Domturm führt. Passend zum Namen der Thüringer Landeshauptstadt erklingt die Glocke im Ton e.
Besonders oft zu hören ist das aber nicht. Aufgrund ihres Alters wird die Gloriosa nur noch achtmal im Jahr geläutet. Nach den Verletzungen, die die alte dicke Dame in den vergangenen Jahrzehnten davontrug, hat sie einen Schongang verordnet bekommen. Zweimal hatte sie an der Stelle, an der jahrhundertelang der fast eine Tonne schwere Klöppel anschlug, einen Riss. An den spektakulären Wiedereinbau mit einem Schwerlastkran, den die Gloriosa 2004 nach ihrer Reparatur unbeschadet überstanden hat, können sich wahrscheinlich noch viele Erfurter lebhaft erinnern.
So erklingt die große Domglocke nur noch an hohen kirchlichen Feiertagen, wie Ostern, Weihnachten oder auch zum Martinstag. Der Heilige Martin ist der Schutzherr der Stadt Mainz und des Mainzer Bistums, das früher formal auch die Stadtherrschaft über Erfurt ausübte. Die nächste Gelegenheit, der Gloriosa zu lauschen, ist Maria Himmelfahrt am 15. August. Zu ihrem eigenen Geburtstag darf sie nicht läuten. Immer, wenn sie zum Einsatz kommt, passiert das unter den wachsamen Augen von Glockenwart Uwe Kramer. 16 Männer, die es im Mittelalter brauchte, um die Gloriosa zu läuten, sind heute aber nicht mehr nötig.
Die bewegte Geschichte der Erfurter Dom-Glocken
Die Bruder- und Schwesterglocken der Gloriosa im Erfurter Dom St. Marien sind zwar deutlich jünger, haben aber auch eine bewegte Geschichte hinter sich. So wurden 1940 alle drei Glocken des Südturms abgeholt. Sie sollten für Kriegszwecke eingeschmolzen werden und landeten deshalb auf dem Glockenfriedhof in Hamburg. Zwei von ihnen ereilte dann auch ihr Schicksal, doch die kleine Johannes-Glocke hatte Glück. Versteckt unter einer größeren ihrer Art, überstand sie sicher die Kriegsjahre, konnte danach zugeordnet und 1950 wieder nach Erfurt gebracht werden. Die beiden anderen wurden in Apolda neu gegossen. Mit einem Augenzwinkern erklärt Silke Rietz-Kramer: „Seit 1961 haben wir wieder alle Glocken im Turm.“