Seit der Teillegalisierung von Cannabis im April dieses Jahres hat sich auch in Erfurt viel getan – aber nicht ohne Widerstand. Während sich Cannabis Social Clubs (CSCs) als legale Anlaufstellen etablieren, gibt es vor allem von der CDU scharfe Kritik.
Vereins-Vorsitzender Hermann Klatt des Social Cannabis Clubs Erfurt, einer der ersten in Thüringen, nimmt kein Blatt vor den Mund und spricht über die Herausforderungen, Vorurteile und was wirklich hinter den politischen Debatten steckt. Und dabei lässt er an der CDU kein gutes Haar.
Erfurter Kiffer-Club-Gründer nimmt CDU in die Mangel
Noch immer sorgt die Teillegalisierung von Cannabis in Deutschland für Schlagzeilen. Zuletzt, als die CDU nach dem Ampel-Aus ankündigte, diese wieder rückgängig machen zu wollen, sollten sie bei den nächsten Bundestagswahlen wieder in die Regierung einziehen. Kein Wunder, dass den Social Cannabis Clubs des Landes jetzt, auf gut Deutsch gesagt, der Ar*** auf Grundeis geht. Thüringen24 hat mit den Gründern des Erfurter Kiffer-Clubs gesprochen. Und sagen wir es mal so: Dass sie von der CDU mehr als enttäuscht sind, wird überdeutlich.
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„In Deutschland kriegt man an jeder Ecke Cannabis“, sagt Hermann Klatt, Gründer und Vereinsvorsitzender des CSC Erfurt, zu Thüringen24. „Vor der Teillegalisierung hat der Schwarzmarkt den Bedarf gedeckt – mit Streckstoffen, ohne Altersbegrenzung und ohne Präventionsangebote. Genau das sollte die Teillegalisierung ändern.“ Damit deckt sich Hermanns Argumentation mit der der Ampel-Regierung und der Links-Partei. Doch nicht alle sind überzeugt. Die CDU kündigte bereits an, die neuen Regeln bei einer Regierungsübernahme rückgängig machen zu wollen. Für den Erfurter Kiffer-Club-Gründer eine Farce. Er spricht von einer „scheinheiligen, verlogenen Debatte“, die fernab jeglicher Realität sei.
„Von der CDU/CSU wird jetzt so getan, als wäre hier das Land hinter den Bergen, das Reich der Seligen, wo man von diesem Cannabis noch nie was gehört hätte. Jetzt käme das auf einmal rein“, sagt Hermann über die Gras-Diskussion. Absurd, findet er, schließlich konsumierten schon vor der Teillegalisierung jährlich etwa 4,5 Millionen Deutsche Cannabis. Das geht aus aktuellen Zahlen des Bundesgesundheitsministeriums hervor.
CDU setze auf Angst statt Argumente
„Es gibt von Seiten der CDU keinerlei sachliche Argumente. Alles, was ich höre, sind Angstmacherei und Schlagworte wie ‚Makro-Mafia‘, die den Bürger nur einschüchtern sollen“, berichtet der CSC Erfurt Vorsitzende. „Immer, wenn ich das höre, möchte ich im Strahl kotzen.“ Er kritisiert, dass in Deutschland zu viel Geld in die Prohibition und Repression von Cannabis fließe, anstatt in vernünftige Aufklärung. Besonders bei der jüngeren Generation fordert Hermann eine andere Herangehensweise.
„Die Leute in den Gremien dort vergessen, dass Jugendliche zwar jung, aber nicht dumm sind. Wenn man ihnen erzählt, dass ein Zug am Joint ihr Leben ruiniert, sie aber Freunde kennen, die seit Jahren kiffen und trotzdem ein normales Leben führen, dann glauben sie diese Panikmache nicht. Und wenn sie merken, dass gelogen wird, hören sie auf niemanden mehr.“
Von wegen „Mikro-Mafia“
Ein weiterer zentraler Punkt in der Cannabis-Debatte: Der Einfluss auf den Schwarzmarkt. „Unsere knapp 500 Mitglieder erzeugen einen Straßenverkaufswert von 1,5 Millionen Euro jährlich, der nicht mehr bei der Mafia landet“, rechnet Hermann vor. „Das Geld wird stattdessen versteuert und unterliegt strengen Kontrollen. Wenn deutschlandweit 2.000 bis 3.000 Vereine etabliert sind, reden wir von Milliarden, die dem organisierten Verbrechen entzogen werden.“
Dabei sieht der Erfurter Kiffer-Club-Gründer die Argumentation der CDU als widersprüchlich: „Man behauptet, die Legalisierung würde Kriminellen in die Hände spielen. Aber genau das Gegenteil ist der Fall. Der Schwarzmarkt wird mit jedem neuen Club geschwächt.“ Zudem könne durch Cannabis Social Clubs immens dazu beigetragen werden, dass das Gras nicht in die falschen Hände gelangt. „Die CDU betreibt billigen Populismus auf Kosten von Millionen Menschen in Deutschland. Das schadet den Konsumenten, stärkt den Schwarzmarkt und fördert die organisierte Kriminalität“, findet Hermann Klatt.
Prävention statt Prohibition
Neben der Kritik an der Politik sieht der Cannabis Social Club Erfurt auch eigenen Handlungsbedarf: „Cannabis ist eine Droge wie jede andere. Man kann Probleme damit bekommen, besonders bei jungen Konsumenten. Deshalb ist es so wichtig, die Menschen aufzuklären“, erklärt Hermann. Der Erfurter Club will hier selbst aktiv werden. „Wir bieten unseren Mitgliedern und deren Angehörigen Beratung an. Häufig sind es Freunde oder Familie, die zuerst merken, dass der Konsum außer Kontrolle gerät. Wir vermitteln sie dann an Suchthilfe-Stellen, die hier in Thüringen einen guten Job machen“, sagt der Gründer.
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Doch trotz aller Kritik bleibt der Club optimistisch: „Wir stehen hier am Anfang eines langen Weges. Die Teillegalisierung ist ein wichtiger Schritt, aber es gibt noch viel zu tun. Aufklärung, Prävention und bessere Suchthilfe müssen folgen. Und wir bleiben dran – egal, wie viele Steine uns in den Weg gelegt werden“, so Klatt.
Der Konsum von Drogen ist enorm gefährlich, er kann abhängig machen und der Gesundheit massiv schaden. Wenn du für dich oder eine Person in deinem Umfeld Hilfe benötigst, wirst du unter anderem bei der Notfall-Hotline der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung fündig: 01806 313031 (kostenpflichtig: 0,20 € pro Anruf aus dem Festnetz und aus dem Mobilfunknetz).