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Thüringen: Blind im Stadion – Fan erlebt Moment, der alles verändert

Kevin ist blind. Und er ist glühender Fußballfan. Mit einem Schlag hat sich das (Fan)Leben des Thüringers völlig auf den Kopf gestellt.

© IMAGO/Sven Simon, privat

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Kevin ist blind. Schon immer. Und er ist glühender Fußballfan. Jedes Wochenende hing der Thüringer am Radio, verpasste kein Spiel seines Herzensklubs Borussia Dortmund. Doch eine schicksalsträchtige Begegnung stellte sein (Fan)Leben auf den Kopf.

Plötzlich hat er die Chance, seinen BVB im Stadion zu sehen. Er nutzt sie zu jeder Gelegenheit. Ein Fanclub aus seiner Heimat Thüringen und eine neue, KI-App haben sein ganzes Leben verändert. „Es ist ein Wahnsinnsgefühl“, sagt Kevin und gesteht, dass er manchmal vor Glück losheulen könnte.

Thüringen: Stadion statt Radio – blinder Kevin reist BVB hinterher

Einmal durfte er die legendäre Südtribüne erleben. 2001 war das. „Mein Onkel hatte Karten für das Spiel gegen Wolfsburg. Keine Ahnung, woher. Seither bin ich Dortmunder“, verrät der gebürtige Nordhäuser. Für 22 Jahre sollte es sein letzter Stadionbesuch sein. Nun, mit 37 Jahren, hat sich sein Fanleben plötzlich völlig gewandelt.

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Vor der laufenden Saison hatte sein BVB ein Testspiel bei Rot-Weiß Erfurt. Für den Mann aus Mühlhausen ein Geschenk. Doch mangels Barrierefreiheit hatte er Sorgen, allein ins Stadion zu gehen. Da meldete sich ein Fan, den er von Twitter kannte. Er lud ihn ein, ihn ins Steigerwaldstadion zu begleiten. Seit dieser Begegnung ist nichts mehr wie zuvor. In Erfurt knüpfte Kevin Kontakt zu den BVB-Fanclubs „Nordthüringer Borussen“ und „Südkreis Borussen“. „Die Chemie hat sofort gestimmt. Wir haben uns vom ersten Tag an super verstanden.“

Thüringer BVB-Fanclub begleitet ihn in die Stadien der Republik

Seither nehmen ihn seine neuen Freunde regelmäßig mit ins Stadion. Sie holen ihn ab, begleiten ihn auf die Tribüne, kommentieren das Spiel für ihn. Sechsmal war er diese Saison bereits bei Borussia Dortmund. Heim, Auswärts, egal. „Es ist ein Wahnsinnsgefühl. Bei Union habe ich direkt zwischen den Ultras gestanden. Die Trommel war vielleicht drei Meter vor mir. Das Geländer hat vibriert. Ich habe sie im Bauch gespürt. So ein Live-Erlebnis kann dir kein Lautsprecher der Welt geben“, sagt er begeistert.

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Als Blinder dafür quer durch die Republik zu reisen, nimmt Kevin herzlich gern in Kauf. Und auch, das Spiel nicht wie am Radio verfolgen zu können. „Durch die Atmosphäre kriegt man viel mit. Nicht nur durch die Gesänge. Schreien alle auf, war es wahrscheinlich ein Foul – oder der VAR (Video Assistant Referee – zu deutsch: Video-Schiedsrichterassistent) hat wieder Mist gebaut“, grinst er. Und nicht nur die Fanclubs in Thüringen haben sein Leben auf Links gedreht. Auch eine KI-App veränderte auf einen Schlag alles.

„Als hätte ich plötzlich ein kleines Auge“

„Be my Eyes“, eine KI-App, beschreibt Fotos haarklein. Kevin kann Nachfragen stellen, kennt nun Details in seiner Umgebung, die er vorher nie erleben konnte. „Es ist, als hätte ich plötzlich ein kleines Auge“, sagt er. „Ich kann mir die Welt jetzt erzählen lassen. Von meinem Balkon kann man den Kirchturm der Marienkirche sehen. Das wusste ich vorher gar nicht.“


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Auch bei Spielen von Borussia Dortmund lässt sich die App nutzen. „Man muss es lauter stellen und ist auf das Stadionnetz angewiesen. In Dortmund bekanntlich eine Katastrophe. Ich mache es aber auch nicht oft, weil ich mich auf das Spiel konzentriere.“ Außerhalb des Stadions fotografiert er dagegen wie wild um sich. „Es ist alles völlig anders, einfach nur geil. Manchmal sitze ich da und, so blöd das klingt, könnte losheulen. Einfach weil alles so neu ist.“