Einige Händler in Erfurt verstehen die Welt nicht mehr. Auf den ersten Blick scheint die Sache banal: Die Stadt möchte, dass sie Schilder an ihrem Laden austauschen.
Klingt zunächst nicht nach einer großen Sache. Warum das aber zu einem handfesten Streit zwischen Ladenbesitzern und der Stadt Erfurt geführt hat – darüber hat Thüringen24 mit einer Geschäftsinhaberin vor Ort gesprochen.
Erfurt: Keine bunte Farben mehr für die Marktstraße
Buch Stapp ist ein fester Bestandteil der Marktstraße, einer der prominentesten Straßen Erfurts. Zwei der vielen Schaufenster des Ladens sind mit einer bunten, blickdichten Folie beklebt. Darauf wird ein Buch beworben. Zweimal im Jahr wird die Folie von der Inhaberin Claudia Stapp gewechselt – so funktioniert es seit zwölf Jahren. Doch jetzt will die Stadt, dass sie die Folie entweder komplett verändert oder abreißt.
Als Grund wird die sogenannte Werbesatzung der Stadt angeführt. Nach dieser können nur 20 Prozent eines Schaufensters durch Werbung abgedeckt werden. Doch da hat sich Claudia beim Bauamt beschwert, denn ihre Beklebung hat eine weitere Funktion: „Sie wirkt als Sichtschutz und Sonnenschutz für die Kasse“, begründete die Verkäuferin. Im Gegenzug teilte ihr die Stadt mit, sie müsse sie noch verkleinern und grau machen. Aber warum grau? Und wieso jetzt? Hat Erfurt irgendwas gegen bunte Farben?
Thüringen24 bat bei der Stadt um Stellungnahme. Bisher gab es aber noch keine Reaktion. Laut einem MDR-Bericht, will die Stadt mit der Werbesatzung aber eine „gewisse Ästhetik“ in der Altstadt beibehalten. So äußerte sich zumindest Dezernent Tobias Knoblich gegenüber dem Sender. „Der Hauptgrund, warum Touristen nach Erfurt kommen, ist die Altstadt und nicht die bunten Ballons vor den Läden“, sagt Knoblich. Man wolle Händler aber auch nicht vergraulen, so der Dezernent.
Sicher ist es aber, dass Buch Stapp nicht die einzigen Betroffenen sind. Im Jahr 2020 verklagte die Besitzerin von Miss Kauflust, Anja Scheinpflug, die Stadt wegen dieser Maßnahme – und gewann. Doch der Triumph währte nicht lange.
„Im Mai bekam ich einen Brief. Wir alle haben den Brief bekommen. Alle Verkäufer in der Marktstraße zur gleichen Zeit“, erzählt uns Claudia. Doch dies war keine einfache Bitte, sondern eine Warnung. Was nicht mehr geduldet wird, kann mit Bußgeld in Höhe von mehreren tausend Euro bestraft werden.
„Erfurt macht diese kleine Geschäfte fertig“
Für die Händler in der Markstraße ist Werbung sehr wichtig. Laut Claudia Stapp haben sie nicht die Absicht, „laufende Bilder“ aufzuhängen oder alle Fenster zu verhüllen. Sie haben aber den Gefühl, die Stadt will die Bedürfnisse der Verkäufer nicht erkennen.
„Einige Ausnahmeregeln müssen getroffen werden,“ argumentiert sie. Alle Beklebungen zu entfernen, kostet nicht nur selbst etwas, sondern bedeutet auch, das bereits ausgegebene Geld dafür wegzuwerfen. „Erfurt macht diese kleine Geschäfte fertig“, findet sie. Als Steuerzahler fühlt sie sich von der Stadt vernachlässigt.
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Noch ist in Sachen Werbesatzung aber nicht aller Tage Abend in Erfurt. Eine Neue ist in der Domstadt gerade in Arbeit. Und diesmal sollen auch die Händler in den Prozess mit einbezogen werden. Ob das den Streit in der Marktstraße beendet? Es bleibt zumindest zu hoffen.