Der Trend um „Lost Places“ hat auch seine Schattenseiten. In Gräfenthal (Thüringen) bekommt eine Familie das ganz besonders zu spüren. Vor etwa einem Jahr kauften sie hier die ehemalige Porzellanfabrik mit dem ehrgeizigen Ziel, das historische Erbe des Gebäudes für die Nachwelt zu erhalten.
Die „Lost Place“-Szenen ist mit dem geheimnisvollen Ort in Thüringen bestens vertraut. Noch heute suchen immer wieder abenteuerlustige die alte Fabrik auf – und gerade die schwarzen Schafe unter ihnen werden für die neuen Besitzer zum echten Problem.
„Lost Place“ in Thüringen soll gerettet werden
„Eigentlich wollte ich im Februar letzten Jahres nur ein bisschen Urlaub im Schnee im Schiefergebirge machen“, erinnert sich Gebäuderetterin Isabella Fuchs im Thüringen24-Gespräch. Von einer Aussichtsplattform aus entdeckte sie dann die alte Porzellanfabrik. „Das rote Backsteingebäude ist so herausgestochen“, sagt sie, „da habe ich meinem Mann gesagt, lass da mal hinfahren!“
Gesagt, getan und wenig später hatten sie sich auch schon in den „Lost Place“ verliebt. Nach einem Gespräch in der Nachbarschaft war klar: Das Gebäude ist nur für wenige Euro zu haben. „Dann habe ich gedacht, gebe ich mal Gas“, lacht Fuchs. Sofort habe sie den Kontakt zum Freistaat aufgenommen – wenig später war die Sache schon geritzt. Auch der Gemeinderat zögerte nicht lange mit seiner Zustimmung. Zu diesem Zeitpunkt glaubte kaum noch einer mehr daran, dass sich noch ein neuer Besitzer für das über 130-Jahre alte Gebäude finden würde. Der Südflügel stand sogar kurz vor dem Abriss, was wohl mehr als eine Millionen Euro gekostet hätte.
„Lost Place“ in Thüringen wird gekauft
Dann kam alles anders und der „Lost Place“ wechselte wieder in Privat-Hände. Über Nacht passiert das freilich nicht. „Dann haben wir angefangen, das kaputte Dach herunterzunehmen, noch bevor wir überhaupt Besitzer waren“, erinnert sich die Abschleppdienst-Unternehmerin. Ging nicht anders, wegen der Einsturzgefahr musste hier sofort gehandelt werden. Nachdem der Deal dann in trockenen Tüchern warn, versuchte Isabella Fuchs nach und nach die anderen Dächer in den Griff zu bekommen. Nicht immer war das von Erfolg gekrönt.
„Das Mittelgebäude, da haben wir schlechte Nachrichten, da muss das Dach komplett runter. Das Holz ist so porös, das trägt alles nicht mehr“, sagt Fuchs. Ihre Hoffnung ist, dass zumindest eine Terrasse mit einem Wahnsinnsausblick entstehen könnte. Momentan ist das aber noch alles Zukunftsmusik. Isabella Fuchs rechnet damit, dass die Sanierung des Gebäudes mehr als zehn Jahre dauern könnte.
Vandalismus im „Lost Place“ in Thüringen
Da hilft es nicht, dass die Familie immer wieder mit Vandalismus zu kämpfen hat. Immer wieder verschlägt es böswillige „Lost Place“-Jäger, die sich nicht an die Regeln der Community halten, in die alten Gemäuer. „Wir kämpfen mit Einbrüchen“, sagt Isabella Fuchs, „uns wurde das Notstromaggregat geklaut, die Leute brechen ein, auch wenn man überall seiht, dass da gearbeitet wird.“ Dass es darüber hinaus immer wieder Menschen gibt, die ihren Müll illegal auf dem Gelände ablagern, ist noch ein ganz anderes Problem. „Einige habe ich auch auf frischer Tat ertappt“, sagt die Unternehmerin.
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Die ständigen Einbrüche werden mittlerweile zu einer echten Kostenfalle. „Ich habe inzwischen 140 kaputte Fensterscheiben, weil sie jemand eingeschlagen hat“, sagt Fuchs. Besonders bitter: Eigentlich müsste sich niemand illegal Zutritt zum ehemaligen „Lost Place“ verschaffen. „Ich habe niemand verboten, die Fabrik anzuschauen“, betont Fuchs. Wer Interesse hat, kann sich einfach (zum Beispiel über Facebook) bei ihr melden. Ein Termin, um Fotos zu machen, ist dann schnell gefunden. Viele würden die Gelegenheit auch nutzen, sagt die „Lost Place“-Restaurateurin. Aber es gibt eben immer schwarze Schafe.
Für die Sanierung der historischen Porzellanfabrik sucht die Familie Fuchs derzeit noch Spenden. Wenn du dich beteiligen willst, findest du hier alle Infos.